Oldenbourgs Internationales Softwareverzeichnis übergeht die Hardwarehersteller:\Software-Lexikon mit Schönheitsfehlern

27.03.1981

MÜNCHEN - Der direkte Draht zum internationalen Softwaremarkt - so die Werbung des Münchener Oldenbourg-Verlags - steht dem Interessanten zur Verfügung wenn er sich das "International Directory of Software 1980-81" zulegt (CW berichtete bereits kurz über die Markteinführung). Ein Urteil darüber, ob das in England entstandene und von Oldenbourg in Deutschland und der Schweiz vertriebene Lexikon seine 225 Mark wert ist, fällt zwiespältig aus je nachdem, welchen Gradmesser man anlegen will.

Positiv läßt sich anmerken, daß mit dem "Directory" ein Nachschlagewerk zur Verfügung steht, das den Gesichtskreis erweitert. Der deutsche Leser erfährt - auch durch die Suchregister nach verschiedenen Schlüsseln - mehr über das Softwareangebot speziell im anglo-amerikanischen Raum als aus den hierzulande bislang verbreiteten Druckwerken. Dem steht nicht entgegen, daß es auch beim Directory an der (für Bücher dieser Art nie ganz erreichbaren) Aktualität hapert. Die Nixdorf-Tochter TCSC in Richmond, VA, (Betriebssystem "Edos") beispielsweise firmiert im Directory weiterhin als selbstandiges Softwarehaus.

Auskünfte sind nicht Auskunft

Für Softwaremarktstrategen - und dies ist ein Kreis, an den sich der Distributor ausdrücklich wendet - kann es durchaus interessant sein zu wissen, welches Produkt in welchem Land (nicht) erhältlich ist oder wer wo wessen Vertriebspartner ist. Darüber gibt das Directory Auskünfte, aber eben nicht Auskunft. Wer - um ein Beispiel zu nennen - wissen will, ob der TP-Monitor "Task/Master" deutschen Anwendern von einem deutschen Vertreiber angeboten wird, geht im Directory leer aus. Dabei ist die Turnkey Systems Inc. (TSI) als der Entwickler in Deutschland sogar "höchstpersönlich" vertreten. Damit wird nicht etwa ein Einzelfall unzulässig hochgespielt:

Nicht in Deutschland vertreten - laut Directory - ist beispielsweise die Stuttgarter Tymshare GmbH, auch nicht unter dem Stichwort Taylorix; nicht existent ist die Niederlassung von Pansophic (in Neuss) oder die von APL Plus (in Düsseldorf), jedenfalls wenn der Leser unter letzterem Stichwort nachschaut. Anders ist dies unter dem Stichwort STSC; dort findet er als "Agents in other countries" unter anderem auch die deutsche APL Plus-Niederlassung.

Doch wer kommt da schon drauf? Und außerdem muß er unter "Scientific..." nachsehen, sonst findet er auch STSC nicht. Wieder anders liegt der Fall beim Hause SDI, dem Vertreiber (auch in Deutschland) etwa der Produkte "Grasp" und "Epat". Hier sollte der Interessent unbedingt unter SDI suchen, nicht etwa unter "Software Design Inc.". Da hat es derjenige schon besser, der über das Haus SDA etwas erfahren will.

Er wird sowohl unter den genannten drei Buchstaben fündig wie auch unter " Software Design Associates". Dies wiederum gelingt nur deshalb, weil die Verfasser des Lexikons die amerikanische SDA-Mutter mit dem Kürzel, die englische SDA-Tochter unter vollem Namen ins Verzeichnis genommen haben. (Auch deutsche Pansophic-lnteressenten - um dies nachzutragen - können die für sie zuständige Niederlassung finden. Sie müssen dazu nur das betreffende Inserat im Directory studieren.)

Ähnliche und andere Beispiele lassen sich in großer Zahl anführen. Sicherlich haben diejenigen recht, die sagen, berufsmäßige Marktbeobachter und Investoren auf dem Softwaresektor ließen sich von Unannehmlichkeiten dieser Art nicht sonderlich aus der Ruhe bringen. Fraglich bleibt, ob man dabei noch von Benutzerfreundlichkeit reden kann.

Das Buch - so Oldenbourg - ist "ein unentbehrlicher Ratgeber für die Breite des Softwareangebots" (was immer das sein mag). Damit sollen speziell die "normalen" Anwender angesprochen werden. Über 3000 gelöste Softwareprobleme auf über 1000 Seiten werden offeriert. Für die Breite des Angebots spricht, daß beispielsweise auch Kleinstfirmen Aufnahme ins Lexikon gefunden haben. Hier ein Ausschnitt (Anbieter mit nur einem Beschäftigen):

-Charles R. Downs Co. Phoenix Arizona,

-Golden Gate Systems Honolulu Hawaii,

-Itty Bitty Computers, San Jose, Kalifornien,

-Paul-André Desjardins, Dolbeau, Quebec.

1000 Seiten minus Werbung minus Redundanzen

Die Zahl der Kritikpunkte allerdings ist nicht gering:

1. Das große Softwarepotential der Hardwarehersteller taucht im Directory überhaupt nicht auf, obwohl "das internationale Softwareangebot" versprochen wird. (Zu den Ausnahmen gehören Harris SAI Inc., MRI Division of Intel und Plessey Peripheral Systems, die im Lexikon als Anbieter aufgeführt sind.)

2. Auf 56 Seiten zusammengefaßt finden sich die Kurzangaben zu den einzelnen System- und Anwendungssoftwarepaketen. Über ein Viertel dieses Raums aber nehmen platzfressende (...)mal, soweit sie "industriespezifisch" sind, was wiederum nicht bedeutet - so der erläuternde Text -, daß sie "nicht auch für andere Industrien gebraucht werden" können.

Wie um dies zu beweisen und zugleich zu widerlegen, unterscheidet bereits der Abschnitt "Anwendungssoftware" im allgemeinen Teil (56 Seiten) wie auch ein Abschnitt im "industriespezifischen" Teil (20 Seiten) spezielle Software für das Banken- und das Versicherungswesen - mehr oder minder identisch und damit redundant. Redundant und damit seitenfressend ist auch die Übersicht über die Softwareanbieter angelegt:

Es ist formal zwar korrekt, rechtlich selbständige Gesellschaften getrennt aufzuführen, auch wenn es sich um Konzernfirmen handelt und das jeweils mitabgedruckte Produktangebot (so gut wie) identisch ist; doch würde der Lexikon-Konsument, packte Information" und den damit verbundenen Zeitgewinn sicherlich bevorzugen.

England und der Rest der Welt

Überflüssigerweise ist allem Anschein nach nicht einmal das Prinzip der redundanten Auflistung konsequent durchgehalten worden: Die englischen Lexikonproduzenten haben nach einem unerfindlichen Schlüssel ganz überwiegend nur englische Softwarehäuser neben ihren amerikanischen Müttern gesondert und mit vollem Produktprogramm aufgelistet, die Niederlassungen in anderen Ländern aber in die "Fernerliefen"-Rubrik gesteckt. Auch die Software AG-Muttergesellschaft in Darmstadt tritt auf diesem Wege ins zweite Glied.

3. Das Lexikon, des nach Oldenbourg-Darstellung als "einmaliges Werk" Produkte amerikanischer, englischer und deutscher Softwarehäuser zusammenfaßt, enthält in Wirklichkeit auch Softwareangebote skandinavischer, belgischer, kanadischer, irischer, französischer, australischer, italienischer Anbieter und solcher weiterer Nationalitäten. Nach Ansicht des Verlags ist dies aber offenbar weniger werbewirksam.

Für den Käufer des Lexikons dürfte interessanter sein, wieviel Information und Überblick er denn für 225 Mark erhält. Wer sich die Mühe macht nachzuzählen, ermittelt, daß das Firmenregister die Namen, Anschriften, Produkte und Außenstellen von nicht ganz 1000 Softwareanbietern umfaßt.

Auch ohne die Gesamtzahl der Softwarefirmen auf den genannten Märkten zu kennen - es fehlen eigentlich nur Japan und die Hardwarehersteller -, und gerade weil das Directory (siehe oben) auch Kleinstfirmen aufführt, kann das Lexikon seinen Anspruch, der "direkte Draht zum internationalen Markt" zu sein, im Wortsinne wohl nicht erfüllen. Es sei zudem nochmals darauf hingewiesen, daß viele der knapp 1000 Anbieter in diesem Register redundant vertreten sind.

Beispiele: Über Westinghouse findet der Interessent immerhin drei umfangreiche Eintragungen, ebenso über Software Sciences; wer Näheres über Altergo erfahren möchte, hat dafür dank der Verschachtelung dieses Hauses sogar vier hintereinandergeschaltete Eintragungen zu verarbeiten. Die Zahl der wirklich im Directory erfaßten Häuser reduziert sich aufgrund solcher Mehrfachnennungen nicht unerheblich; und damit relativiert sich nochmals der Gesamtheitsanspruch des Lexikons in Richtung auf eine breit angelegte Stichprobe.

GMO führt das Häuflein an

An dieser Stelle - und wegen der geringen Anzahl - seien die Softwareanbieter aus dem deutschsprachigen Raum dem Alphabet nach aufgelistet, wie sie im Directory als Hauptanbieter stehen, und soweit der Rezensent sie entdeckte (in Klammern die Zahl der angegebenen Beschäftigten):

Actis GmbH, Stuttgart (45)

Ton Beller, Bensheim (8)3

Curator Ltd., Zürich (40)

Geomap GmbH, Essen (90)

GMI GmbH, Aachen (11)

GMO GmbH, Hamburg (110) GMS, Dortmund (16)

Hübner & Mergard GmbH, Rödermark (k.A.)

IBB GmbH, München (35)

Interautomation AG, CH-Brugg (24)

K + S GmbH, München (12)

Kühn & Weyh, Freiburg (15)

Marketing Systems GmbH, Essen (20)

Planorg GmbH, Köln (5)

Plus-Soft GmbH, Düsseldorf (12)

Railroad Engeneering Establishment, Vaduz (10)

SIB Walter & Partner, Calw (6)

Siclos GmbH, München (k.A.)

Sigma URW GmbH, Hamburg (50)

Sodecon AG, CH-Dübendorf (6)

Triumph Investex AG, München (15)

T-Programm GmbH, Reutlingen (15)

Dr. Vieweg GmbH, Hamburg (k.A.)

Dieser Blick auf den deutschsprachigen Raum mag als weiterer Indikator dafür herhalten, daß das "internationale Software-Angebot", das angeblich vom Directory abgedeckt wird, wohl doch einen anderen, größeren Zuschnitt hat. Trotzdem ist die dritte Behauptung der Lexikon-Verkäufer damit nicht automatisch entkräftet. Sie verheißt den RZ- und EDV-Leitern neue Ideen und auch die Chance - so wörtlich -, "Wochen mühsamer Nachforschungen und vielleicht Monate von teurer Entwicklungszeit zu sparen".

Einzuschätzen oder gar nachzuprüfen, ob es solche Chancen wirklich gibt und in welchem Maße der Erwerber des Lexikons sie realisieren könnte oder müßte, verbietet sich, will man sich nicht in Mutmaßungen ergehen. Sicher ist nur, daß das Auffinden und Erkennen von Chancen durch die auffallend große Zahl von Druckfehlern und die stellenweise chaotische Struktur der Sachangaben ziemlich erschwert wird.

So beispielsweise residiert laut Directory das Softwarehaus UCC in "Dusselforf" und die Geomap GmbH in "Essen 18, 4300" mit der Telefonnummer 49 2054 7025. Wer vom Ortsnetz Essen die Vorwahlnummer 02 01 gewohnt ist, wird mit der Angabe aus dem Lexikon wenig anfangen können. (Tatsächlich hat Essen 18 die Vorwahl 0 20 54.) Gegen diesen Lapsus ist die Rufnummer 89 22 23 24, die das Lexikon für die Münchener Siclos GmbH anbietet, geradezu ein Muster an Exaktheit.

Aus dem reichen Kranz an Beispielen sei nur noch erwähnt, daß ein Analysator speziell des deutschen Softwaremarktes gut beraten ist, nach Niederlassungen ausländischer Softwarehäuser sowohl unter dem Stichwort "Germany" wie auch unter "West-Gemany" zu fahnden. Denn diese im Alphabet weit auseinanderstehenden Begriffe werden im Directory alternativ verwendet - und frei nach Laune.

Applikationen in der Mehrzahl

Den weitaus größten Teil des Buches nehmen die Produktbeschreibungen ein, wobei die Systemsoftware knapp über 300, die Anwendungssoftware fast das Doppelte an Seiten ausmacht. Der Aufbau einer solchen Beschreibung entspricht dem nachfolgend wiedergegebenen Beispiel und ändert sich im Einzelfall nur geringfügig. So sind bei bestimmten Produkten zusätzlich folgende Rubriken berücksichtigt:

-Terms elsewhere in Europe

-Industry

Beispiel "RAPIDE" (S. 56)

Mehr als der im Beispiel gezeigte Raum steht für keine Produktbeschreibung zur Verfügung. Bei der ganz überwiegenden Anzahl der Produkte wird dieser Raum nicht genutzt. Außerdem sind Angaben in nur einer Untermenge der verfügbaren Rubriken die Regel.

Entdeckungen sind Zufälle

Für den nicht auf den deutschen Markt fixierten Software-Interessenten kann das Directory sicherlich eine Fundgrube sein. Für Fundgruben aber ist charakteristisch, daß dort das Zufallsprinzip gilt. 225 Mark für "die Software-Entdeckung" sind gewiß ein geringer Preis. Die Frage ist halt, ob man diese Entdeckung macht.

Eine weitere Frage lautet, ob der Preis für dieses einsprachige Buch (die französischen und deutschen Einsprengsel hätte man sich schenken können, da die eigentlichen Informationen ohnehin in Englisch abgefaßt sind) in dieser Höhe richtig liegt. Immerhin dürften die rund 70 teils mehrfach und mehrseitig inserierenden Firmen für einen komfortablen Finanzrahmen gesorgt haben.

RAPIDE- Resource Control, Availability and Security, Performance, Information, Development & Debugging Extensions

Category: (5) Other communications software, also (24) other program aids

USA Supplier & terms: C.A.C.I. Inc. Average $3,000 per package. Discount up to 20% depending on number of packages. Maintenance: First year free then $150 pa per package. Implementation: Travel & per diem expenses. Leasing: Average $90 pm per package. Minimum rental period 3 years. Implementation: Travel & per diem expenses

UK Supplier & terms: C.A.C.I. Inc.-lnternational. Average á 1,500 per package. Discount up to 20% depending on number of packages. Maintenance: First year free then average á 75 pa per package. Implementation: Travel and per diem expenses. Leasing: Average á 45 pm per package. Minimum rental period 3 years. Implementation: Travel & per diem expenses

Suppliers elsewhere: See C.A.C.I. Inc. profile

Developer: C.A.C.I. and Holsten Brewery, Hamburg/West Germany

Description: The RAPIDE system operates in conjunction with ClCS/VS thus extending the basic TP software in the following areas: data integrity; system control: applications programming; performance; CICS drawbacks and restrictions. These functions are implemented in 22 individually installable packages: 1) recovery restart management; 2) information system management; 3) conditional exclusive control; 4) system performance control; 5) program linkage control; 6) terminal network control; 7) network error control; 8) terminal operator control; 9) master terminal control; 10) storage fragmentation control; 11) dataset control; 12) main memory control; 13) message switching services; 14) display copy services; 15) display map/data entry services; 16) online spooling services; 17) resident application tables services; 18) application master data services; 19) data dictionary services; 20) word processing services; 21 ) performance analysis services and 22) miscellaneous application services such as batch/on-line job sequence check, calendars, check digit, dump analysis, VSAM aids

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First operational: 1975 in W. Germany

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No. of users worldwide: 8

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No. in UK. No. in USA:

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Batch mode: Yes Real-time: Yes

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Interactive mode: Yes

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CONFIGURATION REQUIREMENTS

IBM 370/33XX/43XX series 20Kb, CICS/VS.

terminals supported, card, disk, mag

tape input Max program size 100Kb

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No. of programs: 130

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Languages: Assembler 110, Cobol 20

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DOCUMENTATION SUPPLIED

(in English & German)

Manuals: Users, systems, programmers,

operations, program source list

Layouts: Report, record

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Source code supplied: Yes

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