Kontrollbehörden kritisieren mangelhafte Projektplanung

Ohne Plan und auf gut Glück: Schweizer Behörden führen R/3 ein

14.11.1997

"SAP-Debakel beim Bund", titelten die Kollegen der CW-Schwesterpublikation "Computerworld Schweiz": Die Eidgenössische Verwaltung in Bern werkele bereits im vierten Jahr an der Einführung der SAP-Software herum - ein Ende des Projekts sei nicht in Sicht.

Projektkosten wurden nicht kalkuliert

Alles begann im Jahre 1993, als der Bund ein Pilotprojekt ansetzte, um zu prüfen, ob sich R/3 als Standard für die Buchhaltung der Bundesverwaltung eigne. Obwohl dieses Projekt noch nicht abgeschlossen war, legte die Informatikkonferenz des Bundes im Dezember 1994 kurzerhand das Finanzmodul von R/3 als Standard für sämtliche Bundesämter fest. Laut "Computerworld Schweiz" lagen zu diesem Zeitpunkt weder ein Architekturkonzept noch Schnittstellen-Analysen vor.

In ihrem Bericht moniert die Eidgenössische Finanzkontrolle auch, daß die "Totalkosten des Projektes nicht erhoben worden seien". Ungeachtet dessen nahmen diverse Ämter den Entscheid des Bundes als Fanal für eine weitergehende R/3-Einführung. Module für Debitorenbuchhaltung und Logistik, später auch für Personalwesen wurden angeschafft.

Systemsicherheit ist nicht garantiert

Im Bericht der Kontrollbehörden heißt es wörtlich: "Die Bundesverwaltung wird (...) über die gesamte Programmpalette verfügen, auf der Basis eines Pilotprojektes, das sich lediglich über ein Modul erstreckte, nicht abgeschlossen ist, über keine wirkungsvolle Kostenkontrolle verfügt und für das keine Rentabilitätsberechnung vorliegt."

Obwohl bereits 1996 erste Dienststellen mit der SAP-Software arbeiteten, sind laut EFK-Untersuchung die "Minimalanforderungen an Sicherheit und Funktionalität" nicht eingehalten worden. Betroffen seien die Bundesämter für Kommunikation, Landwirtschaft, Statistik, Landestopographie sowie die Schweizerische Meteorologische Anstalt. Inzwischen sollen die Sicherheitslücken jedoch größtenteils geschlossen worden sein.

Mit Bezug auf einen "Insider" berichten die Schweizer Kollegen, die R/3-Einführung bei den Behörden habe bis heute "Dutzende Millionen Franken" gekostet und werde weiterhin Millionenbeträge verschlingen. Immerhin habe der EFK-Bericht bewirkt, daß sich das SAP-Kompetenzzentrum vor Ort sowie die Projektleitung beim Bund nun stärker in der Pflicht sähen, während den Ämtern Entscheidungskompetenzen entzogen worden seien.

Das EFK hofft, daß wesentliche Lücken im Projektablauf geschlossen werden können, weil große "Anstrengungen bei der Koordination, Entscheidungsfindung und Kontrolle" Erfolg versprächen. Noch in diesem Jahr soll ein Schlußbericht angefertigt werden, der "die nötigen Aufschlüsse über die Rentabilität des ganzen Projektes" geben soll. Ungeachtet dessen, so die "Computerworld", sind das Eidgenössische Militärdepartement und die Hochschulen dabei, ihre eigene SAP-Strategie auszuhecken.