Big Blue startet neuen Versuch, OS2 auf breiter Front durchzusetzen:

Officevision öffnet die SAA-Welt für OS/2

26.05.1989

MÜNCHEN (CW) - Mit Officevision startet Big Blue eine neue PS/2Offensive, nachdem die Anwender bisher nicht so recht auf PS/2 und OS/2 einschwenken wollten (siehe auch Seite 1).

Nach einer Analyse des britischen Brancheninformationsdienstes Computergram zeigt diese Ankündigung, daß IBM auf jedem Schreibtisch einen PS/2-Rechner sehen will, sei es als Stand-alone-Gerät oder im Netzwerkverbund mit einem 370-Großrechner beziehungsweise einem AS/ 400-Mittelklassesystem.

Nach Einschätzung von Computergram werden nach einer Bedenkzeit bis September - so lange dauert es bis zur Auslieferung von Officevision - Hunderttausende von MS-DOS-Rechnern in Großunternehmen nach und nach obsolet werden. Dafür gibt es aber zwei Voraussetzungen: Es muß genug Standardsoftware unter OS/2 verfügbar sein, und der Mikrokanal muß von mehr Drittanbietern unterstützt werden. Bisher fand OS/2 sowohl bei Softwarehäusern als auch bei Anwendern geringen Zuspruch. Außerdem kommt es darauf an, wie der EISA-Bus bei den Anwendern aufgenommen wird, sobald er verfügbar ist.

Mit "Officevision" und den dazu angebotenen User-Interfaces von Metaphor und Easel werden die Anwender, glaubt man den Ankündigungen, die Möglichkeit haben, selbst Applikationen erstellen zu könner. Easel erlaubt darüber hinaus die Erstellung eines SAA-Frontends für 3270-Bildschirmarbeitsplätze. Der Haken an der Sache liegt Computergram zufolge in den hohen Speicherkapazitäten, die für die neue Software erforderlich sind.

Will man das Paket vernünftig nutzen, benötigt man einen 386er Rechner mit mindestens 12 Megabyte Hauptspeicher, bisher rechnete man mit 3 bis 4 Megabyte - nach Ansicht von Analysten ein Schock für viele Anwender. Und obwohl immer mehr Anwender einheitliche Standards verlangen, verknüpft IBM OS/2 eng mit SAA und erhebt es zum Proprietary-Standard.

Die Chance für die Wettbewerber von IBM liegt jetzt darin, Unix-Maschinen zu entwickeln, auf denen DOS als Task läuft und Geräte anzubieten, die wesentlich preisgünstiger als IBMs Maschinen sind. Unabhängige Marktbeobachter sind denn auch der Meinung , daß die Zeit gegen IBM arbeitet. Zum einen sei die installierte Basis an DOS-Systemen zu groß, als daß die Anwender sie so einfach ersetzen könnten, zum anderemn verschaften weitere Entwicklungen im DOS-Bereich und EISA ihnen die Möglichkeit, zu wesentlich günstigeren Kosten ihre Geräte aufzurüsten.