Office 2007 ist nicht mit ISO kompatibel

22.04.2008
Die ISO-Norm weicht von der Implementierung in Office 2007 und vom Standard ECMA-376 ab.

Der Schnelldurchlauf von Microsofts Dokumentenspezifikation Office Open XML (OOXML) durch den Standardisierungsprozess begann bei der European Computer Manufacturers Association (ECMA) in Genf, wo die eingereichte XML-Anwendung weitgehend unmodifiziert als ECMA-376 verabschiedet wurde. Die nachfolgende ISO-Zertifizierung kennt dagegen zwei Varianten des Formats: eine um viele Mängel bereinigte ("strict") und eine nur geringfügig veränderte Ausführung, die für eine nicht näher definierte Übergangszeit gelten soll ("transitional").

Da Microsoft sein Format zuerst implementierte und es erst danach unter dem Druck von öffentlichen Institutionen zur Standardisierung einreichte, überrascht es nicht, dass Office 2007 nicht mit ISO/IEC 29500 konform ist. Der britische Publishing-Spezialist Griffin Brown testete Dateien, die mit der aktuellen Version von Microsofts Büropaket erstellt wurden, auf ihre Übereinstimmung mit dem ISO-Standard. Erwartungsgemäß stellte er große Abweichungen von der Strict-Variante fest, aber die Dokumente scheiterten auch im Test mit der weniger strengen Transitional-Ausführung.

Wofür sollen sich Entwickler entscheiden?

Angesichts dieser Ergebnisse müssen sich Entwickler fragen, welche Version des Microsoft-Formats sie in ihrer Software umsetzen sollen. Eine Konformität mit dem ISO-Standard würde dazu führen, dass die von Drittanwendungen erstellten Dateien nicht mit dem marktbeherrschenden MS Office geöffnet oder weiterverarbeitet werden können. Bei der Ausrichtung an der gegenwärtigen Implementierung von Microsoft hängen Hersteller von den Plänen des Redmonder Konzerns ab. Dieser hat sich bis dato noch nicht festgelegt, ob und wann die Office-Programme den kürzlich beschlossenen ISO-Standard umsetzen werden.

Griffin Brown erwartet, dass Microsoft sein Office 2007 mit Hilfe von Service Packs auf ISO-Kurs bringen wird und zumindest Konformität mit der Transitional-Variante anstrebt. Allerdings würden dann in Unternehmen, die schon früh auf das neue Office umgestiegen sind, Dokumente in unterschiedlichen XML-Formaten nebeneinander existieren.

Zweifel an der Bedeutung des ISO-Formats

Tim Bray, Mitverfasser des XML-Standards und mittlerweile bei Sun beschäftigt, empfiehlt Entwicklern, die Änderungen des ISO-Standards gegenüber ECMA-376 zu ignorieren. Selbst wenn Microsoft den Standard vollständig umsetze, würden Jahre vergehen, bis das neue Format im Markt eine wesentliche Rolle spielt. Da Microsoft nun das im öffentlichen Sektor wichtige Gütesiegel der ISO bekommen habe, zweifelt der XML-Pionier aber ohnehin daran, dass der Hersteller den Standard beachten werde.

Entwickler stehen vor einem Dillema: Wenn sich Drittanbieter an Office 2007 orientieren, dann tragen sie zur Bedeutungslosigkeit des ISO-Standards bei. Auf der anderen Seite erhoffen sich viele, die angesichts der allgemein kritisierten technischen Qualität von OOXML der Normierung des Formats zustimmten, dass Microsoft damit zumindest die Freiheit genommen würde, wie in der Vergangenheit die Dateiformate für Office beliebig zu verändern. (ws)u