UMTS-Vernunftehe vor dem Aus

Offener Streit zwischen Mobilcom und France Télécom

01.03.2002
MÜNCHEN (CW) - Das Verhältnis zwischen Mobilcom und dem Partner France Télécom ist zerrüttet. Vordergründig geht es bei dem Streit um die Finanzierung der UMTS-Investitionen. Beobachter sehen darin jedoch den Auftakt für die Neuordnung der Besitzverhältnisse.

Die vor knapp zwei Jahren eingegangene Liaison der TK-Gesellschaften France Télécom und Mobilcom droht an finanziellen Belangen zu scheitern. Vordergründig dreht es sich um die Errichtung des UMTS-Netzes für den Büdelsdorfer Carrier und dessen Finanzierung. In dem inzwischen über die Tagespresse ausgetragenen Machtpoker sind die wahren Absichten der Gegenspieler allerdings noch unklar. Einerseits will die France Télécom Berichten zufolge die Mehrheit bei Mobilcom übernehmen und den Chef Gerhard Schmid entmachten; andererseits wird spekuliert, dass der Staatscarrier wegen seiner auf 65 Milliarden Euro geschätzten Schulden einen eleganten Ausstieg aus dem UMTS-Wettlauf in Deutschland beabsichtigt.

Diffus sind auch die Beweggründe für Schmids Konfrontationskurs: So will er den Einfluss der Franzosen auf das operative Geschäft begrenzen, im Gegenzug ist er jedoch dringend auf das Geld aus Paris für den Netzausbau angewiesen. Einen offenen Bruch könnte er sich jedoch nur leisten, wenn er bereits bei einem anderen strategischen Investor vorgefühlt hätte.

Mit offenen Karten spielt indes keine Seite: So kam vergangene Woche ans Licht, dass es sich bei einem im Dezember nicht näher bezeichneten Mobilcom-Investor um Sybille Schmid-Sindram handelt, die Ehefrau des Firmengründers. Sie hatte mindestens fünf Prozent der Aktien des TK-Unternehmens gekauft, um eine Übernahme durch die Franzosen zu verhindern. Der französische Staatscarrier hat zwar die vertragliche Möglichkeit, im November 2003 die Mobilcom-Mehrheit zu übernehmen, dann allerdings zu einem wesentlich höheren Kurs, als aktuell gezahlt wird. France Télécom hält über seine Tochter Orange gegenwärtig 28,5 Prozent an den Büdelsdorfern, Schmid selbst besitzt 42 Prozent seines Unternehmens.

Das Aktienpaket von Schmid-Sindram sei dazu gedacht, besonders erfolgreiche Verkäufer mit Bonuspapieren des Carriers zu belohnen, hieß es letzte Woche bei Mobilcom. Unklar ist die Frage, ob das Geld für die Transaktion aus Büdelsdorf stammt, was einem von der Hauptversammlung nicht genehmigten Aktienrückkauf gleichkäme. Dies will die France Télécom jetzt von einem Gutachter klären lassen, um im Zweifelsfall den Vertrag mit Mobilcom annullieren zu können. Schmid bestreitet die Vorwürfe, seine Frau habe schon immer Geld aus ihrem Privatvermögen in das Unternehmen investiert.

Der Stein war in Rollen gekommen, weil die Franzosen vor zwei Wochen die Kosten für den UMTS-Netzaufbau in Deutschland auf "einige hundert Millionen Euro" taxiert haben. Die Verträge mit den Netzausrüstern Nokia und Ericsson sehen jedoch vor, dass bis Ende 2003 rund 2,2 Milliarden Euro verbaut werden. Zu diesem Zeitpunkt müssen mindestens 25 Prozent der deutschen Bevölkerung vom neuen Mobilfunknetz erreicht werden. Insgesamt werden bis 2010 rund zehn Milliarden Euro von der France Télécom fällig, heißt es in Büdelsdorf. Dabei steckt auch der französische Carrier in der Zwickmühle: Wenn seine Schulden weiter wachsen, wirkt sich das negativ auf ihre Bonitätsbewertung aus. Folglich steigen die Zinsausgaben rapide an. Verlierer des Spiels sind in erster Linie die Aktionäre, denn der Börsenkurs von Mobilcom hat sich in den letzten Wochen etwa halbiert. (ajf)