Insolvenzverwalter entlässt Vorstände und erteilt ihnen Hausverbot

Offener Machtkampf bei Brain

11.10.2002
BREISACH AM RHEIN (mo) - Über die Sanierung des insolventen Softwarehauses Brain International AG ist es zum offenen Bruch zwischen Vorstand und Insolvenzverwalter Reinhard Blumenthal gekommen. Dieser hat drei von vier Vorständen den Vertrag gekündigt.

Mehr als 40 Anfragen von Kaufinteressenten sollen mittlerweile bei der Brain International AG eingegangen sein. Sowohl andere Softwarehäuser als auch Risikokapitalgeber haben Interesse daran, dass Brain in Teilen oder als Ganzes verkauft wird. Wer dabei zum Zug kommt, ist noch unklar. Insidern zufolge soll Insolvenzverwalter Blumenthal den Angeboten großer internationaler Konzerne und US-Kapitalgebern kritisch gegenüberstehen und eine deutsche Lösung favorisieren.

Der ehemalige Vorstand um Hans-Peter Eitel hat dagegen vor allem mit internationalen Investoren aus den USA und Italien verhandelt, verlautet aus internen Quellen. Über die unterschiedlichen Ziele ist es offenbar zum Bruch zwischen Insolvenzverwalter und Vorstand gekommen. Mitte September hat Blumenthal nach Informationen des Fachmagazins "DV Dialog" die Vorstände Hans-Peter Eitel, Winfried Adam und Rainer Nagel fristlos entlassen und ihnen Hausverbot erteilt. Nur Firmenmitbegründer Kurt Rembold ist als letztes verbliebenes Vorstandsmitglied noch im Unternehmen. Ihm wird nachgesagt, er strebe ein Management-Buyout (MBO) des ehemaligen Rembold-und-Holzer-Bereichs an, der Automotive-Sparte. Dieses Segment im Brain-Geschäft ist gesund und hat eine stabile Kundenbasis.

Doch die Vorgänge um den Vorstand sind zumindest fragwürdig. Dessen Abberufung kann nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats erfolgen. Dieser ist aber nach Angaben seines Vorsitzenden Horst Schiessl nicht über die Vorgänge bei Brain informiert. Am 16. Oktober werde eine Aufsichtsratssitzung stattfinden, auf der Blumenthal dem Aufsichtsrat berichten soll. Damit wäre die Abberufung rechtswidrig, ebenso wie das damit verbundene Hausverbot.

Trotz der Querelen erwarten die Beteiligten, dass Blumenthal bis zum 23. Oktober eine Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens herbeiführt. Für den Termin ist eine Gläubigerversammlung angesetzt. Im Umfeld von Brain kursieren als potenzielle Interessenten an einer Übernahme immer wieder große ERP-Anbieter wie Geac, Peoplesoft und J. D. Edwards. Insider halten einen Verkauf an diese Unternehmen aber für nicht wahrscheinlich. Einzig Gores Technology, zu dem unter anderem der ERP-Anbieter SSA gehört, scheint noch nicht ganz außen vor zu sein.

Als deutsche Interessenten werden bislang nur Manager aus dem Brain-Umfeld gehandelt, die Interesse an Teilbereichen haben. Neben Rembold und seinen MBO-Absichten gehört hierzu auch der ehemalige Brain-Vorstand Helmut Polzer (siehe CW 38/02, Seite 10). Aber auch diesen Engagements werden bislang wenig Chancen eingeräumt.