Grundgesetzänderung nötig

Öffentliche Hand hat IT-Governance-Bedarf

08.01.2014
Von 
Horst Westerfeld, CIO und Staatssekretär im Finanzministerium des Landes Hessen.

Die Aufgaben des CIO

Auf Konzernebene verantwortet der CIO die übergreifende Steuerung mit der IT-Gesamtplanung sowie den zentralen IT-Projekten. Nur so lassen sich übergreifende Synergien erzielen. In Abstimmung mit den IT-Verantwortlichen der Teilkonzerne gibt der CIO die IT-Standards vor und überwacht deren Einhaltung. Des Weiteren steuert und kontrolliert er den IT-Nutzen übergreifend, wobei er sich mit den Funktionen IT-Demand und IT-Supply abstimmt.

Daraus ergeben sich dann auch die jeweiligen Sourcing-Strategien. Sie gehören zu den Funktionen, die einen Wertbeitrag der IT unterstützen und eine Organisation damit gegenüber dem Wettbewerb herausheben können.

Die erwähnten Funktionen IT-Demand und IT-Supply selbst sind keine direkten Aufgaben des CIO. Demand bezeichnet die Anlaufstelle für die Fachabteilungen zur Anforderungsdefinition und Konzeption. Deshalb sollte diese Funktion dezentral bei den Teilkonzernen verankert sein. Supply setzt die Anforderungen von Demand um und erbringt damit die "IT-Leistungen" (Entwicklung, Produktion und technische Standards) für die Fachabteilungen. Aus wirtschaftlichen Gründen (also wegen Skaleneffekten, Know-how-Tiefe und -Breite sowie ITIL und ISO 27001) muss es sich hier um eine zentrale Funktion handeln.

Beitrag zum Standortfaktor

Letztlich sollte die Politik erkennen, dass die Bedeutung der IT für Steuerung und Entwicklung der öffentlichen Verwaltung essenziell ist. Die Leistungsfähigkeit der Bürokratien hängt unmittelbar von der Leistungsfähigkeit und der Effizienz der IT ab. Die Wirkungsmächtigkeit der internen Verwaltungsprozesse sowie die einfache und effektive elektronische Kommunikation zwischen Bürger und Wirtschaft auf der einen und den Verwaltungsorganen auf der anderen Seite liefert auch einen entscheidenden Beitrag zum "Standortfaktor".

Weiter fordert der Wirtschaftsrat, dass betriebswirtschaftliche Controlling- und Steuerungsinstrumente in der öffentlichen Verwaltung verankert und Bürokratiekosten gesenkt werden müssen. Dazu zählt auch die Verbesserung der E-Government-Strukturen von Bund, Ländern und Kommunen.

Deshalb fordert der Wirtschaftsrat die Einrichtung eines "Kabinettsausschusses Verwaltungsreform" im Bundeskanzleramt. Damit sind wir wieder bei dem eingangs geschilderten Status, der 2003 in Hessen etabliert wurde und bis heute kontinuierlich verbessert wird.

Neue bürokratische Hürden

Die bloße Konstituierung des IT-Planungsrats bewirkt noch nicht viel. Jedenfalls macht sie es noch nicht möglich, die Verwaltungs-IT und das E-Government vernünftig weiterzuentwickeln. Also in der Art, wie es in einer Befragung von 1000 Innovationsunternehmen in Deutschland durch den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHT) gefordert wurde: Noch vor Fachkräftemangel und Vereinfachung des Steuerrechts steht für die Befragten ganz oben auf der Prioritätenliste die Forderung nach Bürokratieabbau.

Bürokratieabbau wird ermöglicht, indem Schriftformerfordernisse abgebaut werden, sofern sie nicht zwingend erforderlich sind. So zumindest war der ursprüngliche Ansatz, den das E-Government-Gesetz des Bundes formulierte. Tatsächlich sollen jetzt aber, vom Bundesinnenministerium getrieben und vom IT-Planungsrat abgesegnet, die unnötigen Schriftformerfordernisse (mehrere tausend Bürokratievorschriften) nicht etwa abgeschafft, sondern durch bürokratische und teure Technik wie De-Mail und den neuen elektronischen Personalausweis ersetzt werden.

Grundgesetzänderung nötig

Verwaltungsmodernisierung und Bürokratieabbau als wesentliches Ziel der IT in der öffentlichen Verwaltung deckt sich mit dem Sinn einer guten IT-Governance. Hier kann die IT einen Wertbeitrag für den Standort Deutschland leisten. Doch derartige Tendenzen sind im IT-Planungsrat bestenfalls ansatzweise zu finden.

Um dies zu verbessern, würden Juristen argumentieren, dass der Staatsvertrag zur Konstituierung des IT-Planungsrats, ja sogar das Grundgesetz, namentlich Artikel 91c, umgehend zu ändern wären. (qua)