Virtual-Reality-Anwendungen/Christian Bauer

Nutzenorientierter Einsatz von Virtual Reality im Unternehmen. Anwendungen - Wirtschaftlichkeit - Anbieter

10.05.1996

"Virtuelle Realität" (VR) geistert - hervorgerufen von überzogenen Berichten in den Medien - als Fiktion des "Alles ist machbar" durch die Köpfe. Mit seinem Buch über den streng nutzenorientierten Einsatz von Virtual-Reality-Anwendungen gelingt es dem VR-erfahrenen Autor Christian Bauer, diese Fehleinschätzung zu korrigieren, ohne dem Thema seine Attraktivität zu nehmen - im Gegenteil.

Bereits die Einleitung bringt dem Leser eine Neuorientierung. Die gesamte Bandbreite der Technik wird durch eine kurze Geschichte der VR-Entwicklungen aufgezeigt. So befaßte sich die Link Corp. bereits 1929 mit einem Flugsimulator.

In den fünfziger Jahren kamen die ersten Videokameras auf den Markt. Mit ihnen ließen sich die bis dahin verhältnismäßig einfachen Flugsimulatoren mit Sicht ausstatten. Modellbauer gestalteten den Flughafen und die Landschaft nach, und der angehende Pilot lenkte mit dem Steuerknüppel die Videokamera über die modellierte Landschaft. Dann ging es weiter mit der Simulation des Motorradfahrens. Der Tester sah mittels eines besonderen Helmes bei echten Vibrationen des stehenden Vehikels eine vorbeiflitzende Landschaft.

Virtual Reality soll, so Bauer, idealerweise Sinneseindrücke wie Sehen, Hören, Tasten, Riechen und Schmecken simulieren. Der Autor geht in einem auch für Laien verständlichen Kapitel auf wichtige technische Voraussetzungen für solche Anwendungen ein und gibt einen Überblick über die führenden VR-Programme. Eine 80seitige Zusammenschau der vielfältigen Forschungs- und Anwendungsbereiche führt über militärische Anwendungen und Raumfahrt auch zu erdgebundeneren Themen wie Unterhaltung, Architektur, Maschinenbau, Medizin, Teleshopping und Tourismus.

Mittlerweile ist VR zu einem eigenständigen Industriezweig herangereift, in dem Japan und die USA die Spitzenpositionen einnehmen. Doch auch die Aktivitäten im deutschsprachigen Raum und übrigen Europa sind von Bauer gut ausgeleuchtet. Berechtigterweise moniert er die Zurückhaltung deutscher Unternehmen in diesem Technologiesektor, der hierzulande von einigen wenigen Forschungseinrichtungen und Interessengruppen dominiert wird.

Sehr aufschlußreich ist der Part, der sich mit den im Vir- tual-Reality-Marktsegment aktiven Unternehmen befaßt. Kurzportraits und Arbeitsbereiche sowie eine Adressenliste im Anhang des Buches ermöglichen zielgerichtete Kontaktaufnahmen. Seriöse betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analysen sind in der Regel noch schwierig sie hängen stark von der jeweiligen Anwendung ab. Dennoch läßt es der Autor nicht mit allgemeinen Hinweisen bewenden, er führt zumindest an die Probleme heran.

Die VR-Zukunft ist nicht ohne die Basis eines lebendigen aufnahmefähigen Marktes einzuläuten. Bauer gibt auch hier einen anschaulichen Überblick. Die Entwicklungen, die schon jetzt mit einiger Wahrscheinlichkeit voraussehbar sind, schaffen Chancen in verschiedenen Bereichen: Medien, Beruf, Wohnen, Unterhaltung, Telekommunikation, Wirtschaft etc. Kleine innovative Unternehmen haben hier ebenso Chancen wie die Ausweitung der Telearbeit im großen Stil.

Fazit: Eine umfassende, sauber recherchierte und lesefreundliche Abhandlung über das Faszinosum Virtual Reality. Über 50 Bilder, fast ebenso viele Grafiken und 38 Tabellen, ferner ein ausführliches Glossar und ein umfassendes Literaturverzeichnis machen den kompakten Titel (267 Seiten) zum nützlichen Informationspaket (samt CD-ROM) in Sachen Chancen und Risiken von VR-Anwendungen in Unternehmen und Forschung.