Juristische Lage noch unklar

Nuteks "Apple-Clone" verarbeitet Mac-Software und PC-Applikationen

09.04.1993

Um Rechtshaendeln mit der Apple Computer Inc. vorzubeugen, versucht Nutek offensichtlich, auch den Sprachgebrauch fuer ihren Rechner zu reglementieren. Chou, dessen Buero sich nur ein paar Meilen entfernt von Apples Hauptquartier ebenfalls in Cupertino befindet, spricht denn auch nicht von einem Mac-Clone. Das Duet-System sei ein PC, der so modifiziert wurde, dass er auch Macintosh-Software verarbeiten koenne.

Die in den USA knapp 3000 Dollar teure Maschine rechnet mit zwei CPUs: Neben einem 68030-Prozessor fuer Mac-Software arbeitet der Duet PC Applikationen auf einem Intel-486-Chip ab. Beide CPUs sind mit 33 Megahertz getaktet. Nutek, so Informationen aus dem Unternehmen, hat Mac-Anwendungen fuer seinen Rechner kompiliert. Verkauft wird der Rechner allerdings offensichtlich nur in Europa durch autorisierte Haendler. Ausserdem, so Informationen, will Nutek Platinen vertreiben, die OEMs fuer den Bau Mac-Kompatibler nutzen koennen.

Nuteks Offensive gegen Apple ist insofern interessant, als Gerhard Joerg, Vorsitzender der Apple-Geschaeftsleitung und zustaendig fuer den deutschsprachigen Raum, juengst auf der CeBIT 1993 noch betonte, man werde keine Lizenzen fuer das ROM-basierte Mac-Betriebssystem vergeben, Platz fuer Apple-Clones gebe es auch in Zukunft nicht. Angesprochen auf Nuteks Plaene, verwies Apple-Sprecherin Renate Knuefer auf einen drei Jahre zurueckliegenden Fall von Patentrechtsverletzungen, mit dem ein Produzent von Apple-Clones eine Bauchlandung machte.

Auf der CeBIT 1990 hatte das taiwanische Unternehmen Akkord Technology in einem Hinterzimmer des Hotels Maritim einen Apple- Clone praesentiert. Seinerzeit konnten die Leute aus Fernost nicht zweifelsfrei belegen, woher sie die ROM-Bausteine bezogen hatten, in die Apple das Betriebssystem integriert. Eindeutig war hingegen das weitere Schicksal des "Jonathan" getauften Clones: Joerg beendete per Gerichtsbeschluss das CeBIT-Engagement von Akkord, und Knuefer kommentiert jetzt etwas malizioes: "Die Firma gibt es heute nicht mehr."

Nutek nicht autorisiert zum Bau des Mac- Rechners

Nutek, so Knuefer weiter, sei nicht autorisiert zum Bau des Mac- Rechners. Sollte Nutek Apple-Rechte verletzen, "werde man sich der Angelegenheit sehr ernsthaft annehmen". Sie muesse in diesem Zusammenhang die Aussage von Joerg unterstreichen, wonach Apple das Mac-Betriebssystem nicht lizenzieren werde.

Diese Aussage steht im Gegensatz zu Meldungen aus den USA. Ein offensichtlich im obersten Apple-Management angesiedelter Informant aeusserte, man wolle "sehr bald" ein Macintosh- Kompatibilitaetsmodul lizenzieren. Mit diesem sei es moeglich, unter Verwendung des von Motorola und IBM entwickelten Power-PC- Prozessors Rechner zu produzieren, auf denen Mac- Anwendungssoftware ablaufe.

Ausserdem sagen Analysten jenseits des grossen Teichs, die Mac- Company habe definitiv mit Compaq, NEC, Sharp und Toshiba America ueber die Produktion von Mac-kompatiblen Rechnern gesprochen. Dabei habe man vorgeschlagen, mit den Clones nicht Apples angestammte Zielgruppen anzuvisieren, sondern sich auf Nischenmaerkte zu kaprizieren. Knuefer, dem diese Informationen voellig neu waren, kontert trocken: "Nischenmaerkte koennen wir auch bedienen."

Auch wenn sich herausstellen sollte, dass Nuteks Vorgehen rechtlich nicht zu beanstanden ist, duerften Anwender beziehungsweise Kaeufer trotzdem zurueckhaltend auf den Duet-Rechner reagieren. Bislang ist es Apple noch immer gelungen, die Mac- Architektur gegen Cloner abzuschirmen: Weder von Powder Blue Computers aus Sandy im US-Bundesstaat Utah noch von den kalifornischen Unternehmen 68000 Inc. und Colby Systems hoerte man jemals wieder.

Powder Blue hatte 1990 einen PC angekuendigt, der Macintosh- Software verarbeiten koenne. Die Kalifornier hatten damals behauptet, in ihrem System verwendeten sie Original-Apple-ROMs, die man ueber die Apfel-Distributions-Kanaele bezogen habe. 68000 und Colby kuendigten ebenfalls vor drei Jahren jeweils Workstations an, auf denen Mac-Applikationen gefahren werden konnten. Beide nutzten in ihre Clones Mutterplatinen, die sie von Apple-Haendlern bezogen haben wollten.

Zu den wenigen, die Gnade vor Apples Lizenzanwaelten fanden, gehoeren die Sony Corp. und die Outbound Systems Inc. aus Boulder, Colorado. Sony produzierte den "Powerbook 100", der natuerlich mit Apples Original-ROM ausgestattet ist. Outbound verwendet alte Chips aus Apple-Rechnern, um Mac-kompatible Laptops unter Apfel- Lizenz zu produzieren. Kein Hersteller hat aber bis heute unter Nutzung anerkannter Rechte ein Mac-kompatibles Betriebssystem und Benutzer-Interface entwickelt.

Nutek-Chef Chou glaubt, eine weisse Weste zu haben: Seine Ingenieure haetten in vierjaehriger Entwicklungsarbeit ROM-Chips kreiert, bei denen sie keine Referenzen an den internen Mac-Code machten. Sollte sich diese Aussage als richtig erweisen, koennte sich eine Analogie zur Chips & Technologies Inc. (CT) auftun: CT replizierte seinerzeit IBMs PC-Chip-Satz ungestraft mit dem Ergebnis, dass die IBM die Kontrolle ueber den PC-Markt verlor.

Auch bezueglich Apples Benutzeroberflaeche umschiffte Nutek nach Chous Aussage rechtsrelevante Klippen: Das Nutek-GUI (Graphical User Interface) basiert auf der Motif-Schnittstelle von der OSF.

Nutek-Manager versuchen derweil, potentiellen OEMs Sicherheit zu geben, indem sie ihnen per Schadensersatzzusagen Schutz vor etwaigen Copyright-Klagen seitens Apple versprechen.

Analysten fragen sich aber vor allem, ob Nutek ueberhaupt das Interesse von Kaeufern wecken kann. Nicht so sehr ein drohender Gang vor US-Gerichte koennte dem kalifornischen Cloner schaden. Vielmehr seien die Nutek-Leute mit ihrem Angebot einfach zu spaet auf den Markt gekommen. Noch vor zwei Jahren haette Apples Hochpreispolitik die Kauflust von Anwendern durchaus auf Apple- Clones zu lenken vermocht.

Seit man diesbezueglich jedoch in der Apple-Chefetage umgedacht habe, stuenden die Chancen fuer den Nutek-Zwitter eher schlecht.

Meint Analyst Tim Bajarin, President der Creative Strategies International Inc. im kalifornischen Santa Clara: "Vielleicht findet Nutek eine Nische, etwa Anwender, die Interesse an einem niedrigpreisigen System haben, das kompatibel zu Mac- und PC- Rechnern ist. Ich glaube aber, dass Nuteks Duet-Erfolg nur sehr begrenzt sein wird."

Nutek liefert das System mit 4 MB Arbeitsspeicher, einer 80-MB- Festplatte, zwei Nubus-Steckplaetzen, einem SCSI- und einem seriellen Port sowie zwei PC-Erweiterungs-Steckplaetzen aus. Fuer die Nubus-Technologie sicherte sich Nutek die Rechte von Texas Instruments.