IDC untersuchte Auswirkungen des elektronischen Softwarevertriebs

Nur Superstores werden Konkurrenz spüren

20.12.1996

Der elektronische Absatz von Standardsoftware hat, so IDC, eine Reihe von Vorteilen:

- Er verringert die Kosten der Reproduktion und Distribution von Software, weil weder Disketten produziert werden müssen noch Verpackungskosten anfallen.

- Außerdem ermöglicht er eine direktere Kommunikation zwischen Benutzern und Entwicklern. So stellt die Netscape Communications Corp. die Betaversionen ihres Web-Browsers "Navigator" der Internet-Gemeinde kostenlos zur Verfügung, um Feedback für Produktverbesserungen zu sammeln.

- Positiv wirkt sich der elektronische Vertriebsweg auch auf die Verfügbarkeit der Produkte aus, denn niemand muß mehr warten, bis die CD gebrannt und ausgeliefert ist.

- Darüber hinaus erleichtert diese Art der Softwaredistribution den großen Anwenderunternehmen das Versions-Management. Das immer wieder neu erforderliche Software-Updating läßt sich auf diese Weise leichter in den Griff bekommen.

Angesichts dieser Pluspunkte ist es nicht verwunderlich, daß Software-Anbieter und -Anwender den neuen Vertriebskanal gern nutzen. Bislang wird er vorzugsweise bei Shrink-wrapped-Produkten im PC-Bereich verwendet. Künftig könnten auf diesem Weg aber auch kleine Software-Einheiten (Applets) vertrieben werden, die ausdrücklich zur Integration in größere Systeme vorgesehen sind.

In vier Jahren rund fünf Prozent des Umsatzes

Wie IDC herausgefunden hat, wurden im gerade abgelaufenen Jahr in den USA rund 50 Milliarden Dollar mit Standardsoftwareprodukten umgesetzt. Der Löwenanteil davon floß direkt vom Anwender zum Anbieter, während die indirekten Vertriebskanäle nur 30 Prozent von den Gesamteinnahmen verbuchten. Der elektronisch vermarktete Anteil belief sich auf 0,5 Prozent beziehungsweise 250 Millionen Dollar.

Wenn IDC mit seinen Schätzungen richtig liegt, wird sich diese Summe in den kommenden vier Jahren verachtzehnfachen. Fünf Prozent von mutmaßlichen 90 Milliarden Dollar Standardsoftware-Umsatz, mithin etwa 4,5 Milliarden Dollar, seien aus dem elektronischen Softwarevertrieb herauszuholen. Gleichzeitig werde der Anteil der konventionellen Distributionskanäle an den Gesamteinnahmen auf 40 Prozent steigen.

Mit anderen Worten: Die Zunahme des elektronischen Softwaregeschäfts wird sich laut IDC nicht negativ auf die Umsätze der Händler und Distributoren auswirken. Im Gegenteil: Systemplanung und -integration, individuelle Anpassung und Support sind Leistungen, die sich auf dem elektronischen Vertriebsweg nicht erbringen lassen. Dieses Geschäft bleibt den OEM- und VAR-Partnern der Softwarehersteller also erhalten.

Allerdings wird ein Service dieser Art fast ausschließlich von professionellen Kunden gefordert und bezahlt. Im Consumer-Business spielt er keine nennenswerte Rolle. Folglich könnten die Computer-Stores und Kaufhäuser, die sich dem Massengeschäft verschrieben haben, die Konkurrenz durch das Internet empfindlich zu spüren bekommen.