Gastkommentar

Null-Bock auf Null-Lösungen

19.09.1997

Mit Sparkassenbuch und Aktie verhält es sich genauso wie mit Firmeninvestitionen: Bewegt sich die Rendite gegen Null, gewinnt die Perspektive den Charme eines alten Turnschuhs. In diese Rolle scheint das Corporate Network (CN) - das selbstbetriebene Sprach-/Datennetz - trotz der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes am 1.1.98 hineinzurutschen.

Wieso das so ist, läßt sich ausrechnen. Maximal 20 Prozent Einsparungen bei Telefonkosten erzielen Unternehmensberatungen beim CN unterm Strich. Kommt zusätzlich Least-Cost-Routing ins Rennen, sind nochmals bis zu 20 Prozent drin. Vorausgesetzt, das CN ist bundesweit verteilt und das Telefonaufkommen stimmt. Also summa summarum maximal 40 Prozent, wobei kaum ein Anwender derzeit über das Einsparungspotential von 25 bis 30 Prozent hinausschießt.

Die umgekehrte Rechnung, nämlich den Sprachdienst stattdessen an den Carrier zu übertragen, ist ebenso schnell aufgemacht: Je nach Unternehmensgröße sind derzeit zehn bis 30 Prozent an Rabatt bei den Übertragungsgebühren möglich. Erst recht wenn beispielsweise RTL auf beiden Kommunikationsbahnen startet und die Dienste der Telekom sowie eines anderen Carriers in Anspruch nimmt. Direkte Konkurrenz belebt eben das Geschäft und verhilft den Unternehmen zu einem kostensparenden Finish.

Und der Kampf um den Kunden wird dem Telekommunikationsmarkt weiter sinkende Übertragungsgebühren bescheren. Wer will sich in dieser Situation zudem noch mit proprietären Telekommunikationsanlagen herumplagen? Professionelle Anleger und nüchtern kalkulierende Manager haben nun mal eines gemeinsam: Sie haben null Bock auf Null-Lösungen.

* Hadi Stiel ist Berater und freier Journalist in Bad Camberg.