BS/2000-Grossrechner werden auf RISC-CPUs umgestellt

NT- und Unix-Server sollen Flaute bei den Mainframes auffangen

09.02.1996

Den Mainframe der Zukunft hat die SNI mit dem neuen BS2000-System "Sunrise" im Visier. Er wird auf den Standard-RISC-Prozessoren der Silicon-Graphics-Tochter Mips Technology Inc. basieren und soll bereits im kommenden Jahr verfuegbar sein.

Als Grundlage fuer die BS/2000-Maschine dient ein Rechner der "RM"-Linie, der um BS2000-spezifische Hard- und Firmwarekomponenten ergaenzt wird. SNI musste hierzu das Betriebssystem auf die RISC-CPUs portieren. Vorstand Peter Page sagte, dies sei gelungen, weil "BS2000 klar strukturiert ist und ueber saubere Schnittstellen verfuegt". Der Benutzer werde von der Portierung nichts bemerken, da die Anwendungssoftware von den RISC-Mainframes emuliert wird. Hier setzt SNI auf die Schnelligkeit und Leistungsfaehigkeit der Mips-Chips, die die Programme ohne merkbare Verzoegerung ablaufen lassen wuerden.

Bis das System marktreif ist, soll ein neues Mainframe-Modell fuer Umsatz sorgen: Der "S110" ist im mittleren Leistungsbereich angesiedelt und in sechs Modellvarianten zu haben. Die Ein-Wege-Maschinen "S110-C" und "S110-F" lassen sich zum Zwei-Prozessor-System "S110-K" oder "S110-P" nachruesten. Der Drei-Wege-Komplex "S110-S" kann auf das Niveau der Topmaschine "S110-U" mit vier Prozessoren gehoben werden. Alle neuen Systeme arbeiten mit einem in 0,35 Mikrometer gefertigten CMOS-Prozessor. Dieser vereint 800 000 Gatterfunktionen auf einem Chip.

Den groessten Wachstumsschub erwartet John Chen, ehemals President und CEO der jetzt hundertprozentig in der SNI aufgegangenen Pyramid Technology und nunmehr Mitglied der SNI-Geschaeftsleitung, allerdings von Maschinen unter dem NT-Betriebssystem. Nach internen Berechnungen wird sich das Marktvolumen in diesem Bereich von derzeit einer Milliarde Dollar Umsatz auf 17 Milliarden Dollar im Jahr 2000 vergroessern.

SNI bietet hier die "Primergy"-Server-Reihe an, deren Rechner mit Intel-Prozessoren arbeiten. Zusaetzlich zu den Mono- und Dual-Pentium-Modellen "Primergy 100" und "300" kommen ab Ende Maerz die Pentium-Pro-Maschinen "Primergy 500" und "700" in den Handel, die bis zu vier CPUs beherbergen koennen.

Sicherheitsmechanismen wie waehrend des Betriebs austauschbare Netzteile oder Statusanzeigen fuer Luefter beziehungsweise die Temperatur im Rechnerinneren sollen fuer eine hohe Verfuegbarkeit der Maschinen sorgen. Hierzu gehoeren auch Sensoren an den Festplatten, die ebenfalls waehrend des Betriebs ausgewechselt werden koennen.

Als Betriebssystem liefert SNI MS-DOS 6.20 mit. Optional erhaeltlich sind Windows NT 3.5x Server, Novell Netware 3.x und 4.x (MP) sowie Unixware 2.0.

SNIs Marschrichtung bei den Server-Betriebssystemen charakterisierte Page so: "NT fuer die Intel-Plattform, Unix fuer die Mips-Maschinen." Durch die Zusammenfuehrung der beiden Unix-Derivate DC/OSx und Sinix in Reliant Unix soll ein Schritt in Richtung 64-Bit-Funktionalitaet erreicht werden.

Chen hofft, "mit den Client-Server-basierten Unix- und NT-Systemen, bei denen ein Wachstum von 23 Prozent vorausgesagt wird, den Rueckgang bei den Mainframes mehr als wettmachen zu koennen". Waehrend Sinix fuer kommerzielle Anwendungen ein hohes Mass an Funktionalitaet und Stabilitaet liefere und ausserdem zahlreiche Middleware-Tools vorweisen koenne, sei DC/OSx fuer grosse Datenbankanwendungen und OLTP optimiert. So kombiniere Reliant Unix nach Auffassung des Herstellers das Beste aus zwei Welten.

Da beide Unix-Derivate auf System V, Version 4, basieren, aendere sich fuer den Anwender, so SNI, nichts. Vorteile aus der Umstellung auf Reliant Unix ergeben sich sowohl fuer die Sinix-Kundschaft als auch fuer die Pyramid-Klientel: Erstere profitiere von Zusatzfunktionalitaeten wie der Unterstuetzung von Clustern und von einer optimierten Datenbankverarbeitung. Pyramid-Anwender erhalten eine bessere Benutzeroberflaeche und ein erweitertes System-Management. Reliant Unix soll ab Mitte 1996 fuer die RM-Maschinen lieferbar sein.

Was die RM-Server betrifft, so kuendigte SNI Neuerungen bei der RM-600-Linie an: Diese werden nun mit dem R4400-Chip von Mips ausgestattet, der mit 250 Megahertz getaktet ist. Ausserdem setzt die SNI bei diesen Maschinen fuer den Sekundaer-Cache-Speicher schnelle SRAM-Bausteine ein.

Gearbeitet wurde auch an den Cluster-Faehigkeiten der Enterprise-Server: Ausgehend von einem Rechnerknoten mit vier CPUs lassen sich bis zu 96 Prozessoren zusammenschalten. Da die Geraete nun auch mit Glasfaser verbunden werden koennen und der Betrieb zum Austausch von Komponenten nicht unterbrochen werden muss, haben sich die Ausfallzeiten verringert, so Moos Bulder, Marketingleiter fuer die Midrange-Systeme. Zusaetzlich ist die I/O-Leistung durch 16-Bit-Fast-wide-SCSI und die Verwendung von 4-GB-Festplatten erhoeht worden.

Hohe Ziele hat sich auch die PC-Division von SNI gesteckt. Sie will im laufenden Geschaeftsjahr (Ende: 30. September 1996) nach Stueckzahlen die Nummer eins in Deutschland bleiben. Fuer Europa ist Rang drei angestrebt. Zur CeBIT 1996 kommt das Notebook-Modell "Scenic Mobile" auf den Markt, das mit Pentium-CPUs (Taktraten von 75 bis 120 Megahertz) arbeitet. Bis zu 72 MB Arbeitsspeicher, maximal 1,2 GB grosse Festplatten, zusaetzlich ein zweites Massenspeicher-Laufwerk und Austausch-Akkus, ein CD-ROM- sowie ein MO-Laufwerk und ein Streamer gehoeren zum optionalen Lieferumfang. Bei den Displays hat der Anwender die Auswahl unter verschiedenen Groessen bis zu einer Bildschirmdiagonale von 12,3 Zoll.

Eine Neuentwicklung stellte die SNI mit der sogenannten Personal Workstation "Celsius I" vor. Diese arbeitet mit einem Pentium-Pro-Chip und dem 3D-Grafikprozessor "Glint 300SX" von 3Dlabs. Das System, das inklusive eines 21-Zoll-Monitors rund 23000 Mark kosten wird, soll den Muenchnern den Einstieg in das Workstation-Geschaeft eroeffnen.

"Mit der Kombination Open GL unter Windows NT auf Basis von Intel-Prozessoren sind die meisten Anwendungen in den Bereichen 3D-CAD, technische und kommerzielle Visualisierung und Simulation auf dieser Plattform lauffaehig", sagt Bernd Kosch, Chef der Workstation-Entwicklung. Verkauft werden soll Celsius I vor allem ueber zertifizierte Partner.