Betriebssystem schreibt sich Multivendor-Fähigkeit auf die Fahnen:

Nowell proklamiert eine neue Netzwerk-Ära

19.05.1989

PARIS (pg/zek) - Novell bricht zu neuen Netzwerk-Ufern auf. In Paris gab das Unternehmen die "Zauberformel" seiner Netz-Strategie bekannt. Sie lautet "Netware-Open-Systems-Architecture'' und soll im Netz für Protokoll- und Betriebssystem-Freiheit sorgen. Als Sprungbrett in die neue "Netz-Welt" kündigte Novell die 32-Bit-Version, Netware 386 an (siehe CW Nr. 20 vom 12. Mai l989).

Noch bis zum dritten Quartal dieses Jahres werden sich die User gedulden müssen, um mit Netware das Potential der 386-Prozessoren besser ausschöpfen zu können. Für diesen Zeitraum rechnet Darrell Miller, Executive Vice President der Novell Softwaregruppe, mit der Auslieferung des neuen Netzwerk-Betriebssystems Netware 386. Anwender, die jetzt, noch vor der Marktreife von Netware 386, Novell-Software kaufen, werden dann im Herbst, so versicherte Miller, ein Upgrade erhalten. Ob Novell diesen Termin einhalten wird, ist fraglich, hat doch das Unternehmen in den vergangenen Jahren seine Kunden ab und an mit angekündigten Produkten versetzt.

Netware 386 3.0 ist das erste Glied in einer neuen Produktkette, die auf der Basis der Netware-386-Server-Plattform arbeiten soll. Ziel: mit der 32-Bit-Implementierung auf Netware die volle Leistung der Intel Prozessoren 8C386 zu nutzen. Angaben Novells zufolge wird das neue Server-Betriebssystem gegenüber den bisherigen Netware-Versionen die zwei- bis dreifache Leistung besitzen - ein Vorteil, der bei großen Netzen besonders zum Tragen kommen soll. Pro Server können dann laut Novell 250 gleichzeitig arbeitende Rechner angeschlossen werden, bei Netware 286 rund 100.

Herzstück des Betriebssystems ist das Dateisystem, das 32 Terabyte Plattenkapazität, vier Gigabyte Arbeitsspeicher und Dateigröße sowie gleichzeitig 100 000 geöffnete Dateien und 25 000 Übertragungen realisiert. Durch die Technik des parallelen Dateizugriffs ist die Dateiabfrage bei Netware 386 zeitlich optimiert, und es können große Dateien und Datenbanken verwaltet werden. Die Speicherung der Daten wird durch das neu installierte Speicher-Management, die "dynamische Resource Konfigurierung" automatisch gesteuert.

Netware 386 ist auf Servern der "alten" Produktlinie Netware 286 einsetzbar. Beide Betriebssysteme können im gleichen Netzverbund kooperieren. Außerdem ist Netware 386 zu Portable Netware kompatibel und benutzt die Features der System Fault Tolerance von Netware 2.15. Angaben Millers zufolge trägt das neue Betriebssystem auch schon der künftigen Generation der 486-Chips Rechnung. In der zweijährigen Entwicklungszeit, so der Manager, sei sichergestellt worden, daß die Netzsoftware die Prozessoren 386 und 486 unterscheidet und 486spezifische Befehlssätze unterstützt.

Bei der Pressekonferenz wies Novell darauf hin, daß Netware 386 das erste Netzwerk-Betriebssystem für Mikrocomputer sei, das einen offenen Software-Bus besitzt, der Module dynamisch miteinander verbindet. Das System deckt damit neben den Kriterien "Server Plattform" und "Netware Services" die Kriterien "Offene Architektur" und "Open-Protocol-Technology" der neuen Netzwerk-Strategie "Open-Netware-Systems-Architecture" ab.

Im Vordergrund steht dabei nicht mehr wie bisher üblich eine vertikale Hierarchie, sondern eine horizontale Gleichberechtigung aller Stationen beim Informationszugriff unter der Regie eines File-Servers der Netware 386 geladen hat. Vorteil: Der Server kann als Netzmanager DOS-, OS/2- und Apple Macintosh-Stations verwalten.

Die Module, die der offene Software-Bus unterstützt, werden von Novell als "Netware Loadable Modules" bezeichnet. Dabei handelt es sich um integrierte Schnittstellen zum Netzwerk-Betriebssystem, die das Einbinden von Applikationen und Fremdprodukten bei Netware 386 vereinfachen sollen. Novell will damit eine offene Server-Plattform schaffen, zu der auch spezielle Entwicklungstools und die Verfügbarkeit des Source-Code beitragen sollen. Programmierer können dann eigene Application-Programming-Interfaces schreiben und als Module in Netware 386 installieren.

Die Open-Protocol-Technology gewährleistet Netware 386 teilweise schon durch mehrfache Workstation-Betriebssysteme und ihre jeweiligen Client/Server-Protokolle, wie zum Beispiel DOS mit den Netware-Core-Protokollen oder Macintosh mit dem Applletalk-Filing-Protokoll. Ferner sorgen Interprocess-Communikations-Protokolle (Netbios, SPX, Named Pipes, etc.) und LAN-Adapter (Ethernet, Token Ring, Arcnet, etc.) für Offenheit.