Novell tritt das Markenzeichen Unix ab Kuenftig wacht X/Open ueber die Einheit und Offenheit von Unix

15.10.1993

MUENCHEN (gfh) - Novell hat alle Rechte an der Markenbe- zeichnung Unix an die X/Open abgetreten. Kuenftig bestimmt allein die Open-Systems-Organisation, welches Betriebssystem sich Unix nennen darf. Mit der Uebertragung der Namensrechte an die X/Open verfolgen die Hersteller das Ziel, die Einheitlichkeit und Portierbar-keit der so bezeichneten Betriebssysteme zu garantieren. Kuenftig duerfen nur noch solche Systeme die Bezeichnung Unix tragen, denen die X/Open bescheinigt, dass sie die 1170 Programmier-Schnittstellen einhalten, auf die sich die Industrie geeinigt hat. Ausserdem muessen sie allen bisher gueltigen offenen Standards entsprechen. Anwender erhalten damit von dem internationalen Gremium die Garantie, dass ihre Programme unveraendert auf den Unix-Derivaten verschiedener Hersteller laufen koennen. Allerdings muessen diese dieselbe Mikroprozessor-Architektur verwenden. Darueber hinaus sollen kuenftig wesentlich mehr Programme zur Verfuegung stehen, da Entwickler nur noch einen Sourcecode erstellen muessen. Dieser kann durch einen einfachen Kompilierlauf an die jeweilige Zielmaschine angepasst werden.Doch so weit ist es noch nicht. Zwar geben sich alle Hersteller zuversichtlich, doch nicht einmal Lizenzgeber Novell kann derzeit alle X/Open-Richtlinien erfuellen. Deshalb will die Organisation fuer den Anfang noch nicht so streng sein. So sollen all jene Hersteller das Unix-Warenzeichen erhalten, die sowohl die XPG3- als auch die XPG4-Richtlinien sowie die Anforderungen der System V Interface Definition (SVID) erfuellen und sich darueber hinaus fuer einen spaeteren Zeitpunkt zu den 1170 Programmier-Schnittstellen verpflichten. Diese Uebergangsregelung gilt, bis die X/Open ein Testverfahren zur Ueberpruefung der als Spec-1170 bezeichneten Schnittstellen entwickelt hat.Die rasche Einigung laesst Unix-Anbieter aufatmen. Noch vor wenigen Wochen hatte zum Beispiel SCO befuerchtet, Novell werde den Unix-Kernel gegen die optimierenden Eingriffe anderer Anbieter abschotten. Genau diese Art von Verbesserungen sind jedoch das Verkaufsargument fuer SCO-Unix. Novell hatte erklaert, nicht mehr ohne weiteres an jeden Kunden Unix-Sourcecode ausliefern zu wollen. Wer die Vereinheitlichung des Betriebssystems anstrebe, so hiess es, muesse den Zugriff auf den Kernel beschraenken. Ausserdem sollte es kuenftig kein Unix mehr geben, sondern nur noch das hauseigene Unixware.Von solchen Aussagen will das Unternehmen heute nichts mehr wissen. Die Uebergabe von Unix an X/Open beweise, so der fuer Unix zustaendige Novell-Vice-President Kanwal Rekhi, dass man nie proprietaere Absichten verfolgt habe. Seinem Unternehmen sei es immer nur darum gegangen, das Unix-Geschaeft zum Massenmarkt auszubauen, um dann von den Lizenzgebueren zu profitieren.