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Novell führt Linux und Netware zusammen

17.02.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Im März dieses Jahres wird Novell den "Open Enterprise Server" (OES) freigeben. Er vereint Netware 7 und Suse Linux Enterprise Server in einem Produkt. Dabei setzen die Netware-Services auf die Kerne der beiden Betriebssysteme auf.

Um das hinzukriegen, hat Novell das bisher tief integrierte Netware aufgetrennt. Es entstand ein konsequent modulares System, das aus einem Kernel und separaten Services besteht. Dabei sind die Schnittstellen der Services so angelegt, dass diese sich sowohl an den Netware-Kern als auch an den Suse Linux Enterprise Server andocken lassen.

Hinzu kommen weitere externe Interfaces: Über sie lassen sich ältere Netware-Versionen (ab NW 4) mit ihren Verzeichnisdiensten (ab Novell Directory Services 6.21 beziehungsweise eDirectory ab 8.7) einbinden. OES integriert nicht nur die File-Services von Netware und Linux, sondern auch die von Windows und Unix. Mehrere Directories, darunter Windows NT, Active Directory und eDirectory, werden über OES synchronisiert. Es gibt Desktop-Support für Linux und Windows. Dadurch dient Novells Open Enterprise Server zur Integration verschiedener Betriebssysteme: Netware 4.2, 5.1, 6.0 und 6.5, Windows NT sowie Windows 2000 beziehungsweise 2003.

Seine neue Basis ist wiederum wahlweise Netware 7 oder Suse Linux. Dabei kann diese Grundlage sich ständig ändern. Der Anwender kann je nach Bedarf entscheiden, ob er die OES-Dienste auf Netware- oder auf Linux-Servern betreiben will. Ein Mischbetrieb ist ebenso möglich wie eine Installation ausschließlich auf Linux oder Netware.

Die Server-Konfiguration lässt sich nach vorgegebenen Policies für Workloads automatisch ändern. Novell ermöglicht also eine Virtualisierung der Server und ihre höhere Auslastung. Hieran lässt sich ablesen, dass sich der Anbieter in Richtung Administration heterogener virtueller Server-Landschaften orientiert. Es gibt Andeutungen von Novell-Mitarbeitern, dass noch in diesem Jahr entsprechende Produkte folgen werden.

Die Netzwerkdienste werden automatisch konfiguriert und sind durch die Virtualisierung der Hardwarebasis skalierbarer. Denn ein Service ist nicht mehr an die Leistung einer Maschine gebunden, sondern erhält bei höheren Workloads Power aus dem Ressourcenpool. Gleichzeitig verbessert OES die Cluster-Fähigkeiten des Suse Linux Enterprise Server, der sich weitgehend auf Fail-Over beschränkt und ohne tiefe Eingriffe im Server-Verbund nicht sehr performant arbeitet. Clustering sorgt für eine höhere Verfügbarkeit der Systeme. Das manuelle Scripting für das Multi-Server-Management unter Linux entfällt. Schließlich erweitert OES die Sicherheitsmaßnahmen nach Unternehmensregeln.

Die Entkoppelung der Services vom Netware- beziehungsweise Linux-Kernel löst ein fundamentales Problem: Bei einer Codevermischung mit Linux hätte dessen General Public License (GPL) Novell gezwungen, auch den Netware-Quellcode offenzulegen. Das gesamte, für Novell lebenswichtige Netware-Geschäft wäre augenblicklich zusammengebrochen. Nun aber setzen die OES-Services auf Linux auf, als wären sie eine Applikation, und das erlaubt die GPL.

Daher ist der Open Enterprise Server gleich mit zwei Lizenzen verbunden, eine für Netware und eine für den Suse Linux Enterprise Server. Die Lizenzkosten werden nach Novell-Angaben weitgehend denen von Netware entsprechen, bei dem die Zahl der User entscheidend ist. Das überrascht, denn Suse Linux orientiert sich an der Zahl der Prozessoren. Ein OES-Kunde bekommt mithin zwei Produkte samt Support und Service zum Preis von einem.

Das könnte sich als gutes Argument zum Upgrade für jene Kunden erweisen, die noch mit älteren Netware-Versionen - es gibt noch Tausende Anwender auf dem Release-Stand 3 - arbeiten. Verfallene Netware-Accounts könnte Novell zurückgewinnen. Unverhohlen spricht das Unternehmen auch die Anwender von Windows NT und 2000 an, die Microsoft im Regen stehen lässt. (ls)