Nach der Übernahme von Silverstream

Novell baut Entwicklungsplattform

11.10.2002
MÜNCHEN (IDG) - Novell will endgültig das Image abstreifen, bloßer Spezialist für Netz-Betriebssysteme zu sein. Das Unternehmen hat eine neue Strategie angekündigt, die sich auf Web-Service-Entwicklung, Sicherheits-Management, plattformübergreifende Netzdienste sowie Consulting konzentriert.

Novell hat seinen Kunden schon viele Strategiewechsel zugemutet, oft auf halbem Wege aber wieder verworfen. Insofern ist auch die jüngste Ankündigung aus Provo mit Vorsicht zu genießen. Dieses Mal spricht jedoch einiges dafür, dass die Company nicht nur theoretisiert, sondern auch in der Praxis Ergebnisse vorweist. Immerhin stellte das Unternehmen mit "Novell Extend Version 4.0" diese Woche eine Entwicklungssuite vor, mit der Web-Applikationen und Web-Services geschrieben, integriert und eingesetzt werden können. Damit belegt das Novell-Management immerhin, dass es ihm mit dem Imagewandel weg vom reinen Networker durchaus ernst ist.

Die Extend Version 4.0 resultiert aus der Übernahme von Silverstream Software im Juli dieses Jahres. Laut Alan Nugent, Chief Technology Officer bei Novell, war es Ziel seines Unternehmens, durch die Akquisition mit Silverstream Novell-Kunden endlich auch eine Entwicklungsumgebung für ihr Kernprodukt anbieten zu können. Eine Maßnahme, die auch bei Analysten Anklang findet. Der großen Netware-Gemeinde ein Tool zur Anwendungsentwicklung an die Hand zu geben, hält Dan Kusnetzky, Vice President Systems Software, für einen klugen Ansatz. "Netware ist eine komplizierte Plattform für die Entwicklung von Anwendungen. Deshalb haben Unternehmen das Produkt nie als Applikationsplattform betrachtet, sondern lediglich als Grundlage für elementare Netzservices", erklärt der Experte das bisherige Defizit. Er erwartet von der J2EE- und XML-basierenden Entwicklungssuite eine bessere Wahrnehmung bei den Anwendern.

Das neue Produkt unterstützt laut Novell J2EE 1.3 und die Application Server von Bea Systems und IBM. Es besteht aus drei wesentlichen Elementen: Erstens aus dem "Extend Director", der für den Export der Services und Web-Applikationen zu den Portalen verantwortlich ist. Zweitens aus dem "Extend Composer", bei dem es sich um einen XML-basierenden Integration Broker handelt. Er wird genutzt, um neue Web-Services aus der bestehenden Prozesslogik sowie Applikationen im Backend zu generieren. Dritter Bestandteil ist schließlich der Application Server. Pro Server-CPU kostet die neue Extend-4.0-Version 90000 Dollar.

Novell sieht in dem Produkt die Kombination des Extend Director von Silverstream mit seinen "Portal Services". "Silverstream mangelte es an Komponenten und Portlets, Novell ließ es hingegen an einem Framework für Geschäftsprozesse und Workflow missen", beschreibt Nugent den Synergieeffekt der Übernahme.

Doch dabei will es das Unternehmen aus Provo im US-Bundesstaat Utah nicht bewenden lassen. Im ersten Quartal 2003 beabsichtigt Novell, den Silverstream Application Server auf Netware zu portieren. Bis Mitte des Jahres soll Extend ferner mit dem Novell-Verzeichnisdienst sowie Identifikations- und regelbasierenden Management-Verfahren kombiniert werden. Dadurch möchte die Company Entwicklern die Chance geben, Sicherheitsmerkmale wie Single-Sign-on frühzeitig in Anwendungen zu integrieren.

Darüber hinaus gab Novell bekannt, die Netware-Services auf Linux, Solaris und Windows verfügbar zu machen. Und auch für die nächste Extend Version 5 werden schon Pläne geschmiedet. Sie soll Portal Services wie Java Specification Request (JSR) 168, Web Services for Remote Portals (WSRP) und Web Services for Interactive Applications (WSIA) beinhalten. Vor allem von JSR 168 verspricht sich das Unternehmen eine noch bessere Integration seiner Portal Services mit dem Extend Director. (pg)