Multiflow Computer zieht sich vom Markt zurück

Notstand bei der GEI: Trace-OEM ausgefallen

13.04.1990

AACHEN (jm) - Weil der amerikanische Hardware-Lieferant Multiflow ausfällt, steht das Aachener Systemhaus GEI mit seinem Minicomputer "Trace" auf dem Trockenen. Statt der Multiflow-Maschinen will die GEI jetzt Rechner von Mips Computer vermarkten. Der Support für installierte Trace-Anlagen soll sichergestellt sein.

Offiziell liest sich die Meldung der GEI Rechnersysteme GmbH so: "Der zunehmende Preisverfall im Minisupercomputer-Markt und eine Kurzschlußreaktion der Investoren sind Ursache für den Rückzug der Multiflow Computer Inc. vom Markt."

Als Grund für den Ausstieg gibt die GEI an, daß der Minisupercomputer-Markt enger als prognostiziert sei. "Folge ist ein enormer Preisdruck, der schließlich dazu führte, daß Multiflow die Weiterentwicklung der Trace-Rechner nicht aus eigener Kraft finanzieren konnte", sagt Michael Emrich, Geschäftführer der Trace-Rechner-Distributors GEI Rechnersysteme GmbH in Aachen.

Tatsache ist, daß bereits im März 1989 der in Branford, Connecticut, ansässige Hersteller der Trace-Computer die finanzielle Unterstützung der Adage Inc. suchen wollte, um im harten Geschäft der dichtbevölkerten Minisuperrechner-Szene bestehen zu können.

Da beide Unternehmen Venture-Capital-Firmen sind, befürchteten die Aktieneigner jedoch, ihre Anteile würden durch die Fusion verwässert. So platzte der Deal. Nachdem jetzt der Einstieg von "einem der drei Großen im Geschäft" - so Emrich - nicht realisiert wurde, ferner die IBM mit ihren RISC-Systemen ein aggressives Preis-Leistungs-Gebaren an den Tag legte, "haben die Multiflow-Kapitalgeber überstürzt das Handtuch geworfen," kommentiert Emrich den Ausstieg.

Jetzt ist die GEI mit der Schadensbegrenzung der in den USA verursachten Pleite bei bundesrepublikanischen Trace-Anwendern beschäftigt. Versichert Emrich: "Dank der völlig eigenständigen Service-Organisation der GEI-Rechnersysteme sind Wartung, Software-Support und Ersatzteilversorgung aller Trace-Rechner in Deutschland gesichert." Allerdings steht man mit Hardwareherstellern erst in Verhandlungen, um die Weiterentwicklung der Trace-eigenen VLIW-Architektur (Very Long Instruction Word) überhaupt sicherzustellen.

Aus dieser verzwickten Situation sieht man in Aachen für die Anwender indes keine Nachteile erwachsen. Emrich: "Die deutschen Kunden sind von dieser Entwicklung nicht direkt betroffen. GEI kann alle Wartungs- und Garantieverpflichtungen erfüllen." Nach Angaben von Emrich wurden seit November 1987 bis heute etwa 20 Trace-Systeme von der GEI Rechnersysteme GmbH verkauft.

Aus für Multiflow kam überraschend

Das Aus für Multiflow kam für Beobachter überraschend schnell, denn das Management hatte sich in den letzten Monaten anscheinend noch viel vorgenommen: So unterzeichnete Multiflow mit Intel ein Technologieabkommen, demzufolge der Minisupercomputerhersteller einen optimierenden Compiler für Intels 860-Prozessor nach dem VLIW-Prinzip entwickeln sollte.

Mit anderen Herstellern verhandelte man über die Vermarktung dieser Architektur. Außerdem stand Multiflow kurz vor der Ankündigung eines neuen Supercomputers mit einer Leistung von 350 Mflops, was einer fünffachen Rechenleistung der bisherigen Trace-Rechner entsprochen hätte.

Ersatz bietet die GEI seit der CeBIT mit den C6280-Rechnern von Mips Computer Systems an. Diese Mainframes mit ECL-Prozessor (Emitter Coupled Logic) bieten mit 55 MIPS und rund 15 Mflops die gleiche Leistung wie bestehende Trace-Rechner. "Zum halben Preis allerdings", kommentiert Emrich. Ob er mit dieser Aussage zur Inhouse-Konkurrenz Trace-Kunden ein Signal geben will, hat er nicht gesagt.