Schlechte Aussichten für Clarify-Anwender außerhalb der TK-Branche

Nortel verkauft CRM-Unit an Telecom-Anbieter Amdocs

12.10.2001
MÜNCHEN (mo) - Mit dem Verkauf des Clarify-Bereichs an Amdocs hat Nortel den Wandel der bisherigen Universal-CRM-Lösung zum Nischenprodukt eingeleitet.

Nortel verkauft die Clarify-Unit an Amdocs für 200 Millionen Dollar in bar - Geld, dass der Telecom-Ausstatter vor dem Hintergrund von 19,2 Milliarden Dollar Verlust im zweiten Fiskalquartal 2001 dringend benötigt. Den CRM-Anbieter Clarify hatte Nortel erst vor zwei Jahren für etwa 2,1 Milliarden Dollar übernommen. Damals war Clarify der zweitgrößte CRM-Anbieter. Im vergangenen Jahr stand das Unternehmen nach Untersuchungen des Marktforschungsunternehmens IDC an dritter Stelle. Gartners Dataquest sieht Nortel sogar nur auf Position fünf.

Amdocs hat sich auf Software für die Abrechnung in Telekommunikationsunternehmen spezialisiert. Das Unternehmen verfügt bereits über einzelne CRM-Komponenten. "Die Übernahme von Clarify erweitert sofort unser bestehendes Angebot und unsere Präsenz im Markt für Kommunikations-CRM", erläutert Avi Naor, President und CEO bei Amdocs.

Um Clarify wieder auf Kurs zu bringen, kündigte Naor gegenüber dem Informationsdienst "Computerwire" an, nur 50 Prozent der rund 1200 Clarify-Techniker behalten zu wollen. Nach Auskunft von Dror Pockard, Leiter des für die CRM-Produkte zuständigen Geschäftsbereichs bei Amdocs, ist aber Deutschland ein sehr lukrativer Markt, in dem das deutsche Team bislang eine sehr gute Arbeit gemacht habe.

Amdocs wird sich mit der Clarify-CRM-Lösung künftig auf seine Kernkompetenz, die TK-Branche, konzentrieren. Andere Branchen sollen über Partner betreut werden. CEO Naor sagte "Computerwire" darüber hinaus, der Support für Nicht-Telekom-Branchen solle nach zwölf Monaten eingestellt werden. Dem widerspricht Pockard. Support und Weiterentwicklung seien auch in anderen Industrien künftig sichergestellt.

Das wird auch Kunden vermittelt. "Uns hat Clarify versichert, der Support werde wie gewohnt fortgeführt, und die Übernahme durch Amdocs habe für uns keine Auswirkungen", berichtet Josefine Garnweidner, stellvertretende Leiterin des Service-Centers der LBS Bayern. Dort arbeiten rund 55 Mitarbeiter mit der Software.

Doch auch hierzulande dominieren mittlerweile die Telecom-Kunden das Clarify-Geschäft. Rund zwei Drittel der zirka 60 bis 70 Kunden stammen aus dieser Branche. In Österreich gehört auch der Mobilfunkbetreiber Mobilkom Austria AG & Co KG dazu, der bereits die Amdocs-Software einsetzt. Wie gut die Softwarelösungen zueinander passen, geht auch daraus hervor, dass die Entscheidung für Clarify vor dem Hintergrund des Amdocs-Einsatzes fiel.

Auch nach Einschätzung des Beratungsunternehmens Gartner dürften Unternehmen, die Amdocs- und Clarify-Produkte im Einsatz haben, am schnellsten von der Übernahme profitieren. Sie können eine bessere Integration erwarten. Allerdings wird es nach Ansicht von Michael Maoz, Analyst für Customer Service and Support Strategies bei Gartner, bis 2003 dauern, bis die Unternehmen so weit zusammengewachsen sind, dass sich dies auch in der Software bemerkbar macht.

Abb: Umsätze der 10 größten CRM-Anbieter weltweit

Mit einem Wachstum von nur noch 30 Prozent ist Clarify von Platz zwei auf Platz drei der CRM-Anbieter abgerutscht. Gefahr droht vor allem durch neue Nischenanbieter wie Vignette und Broadvision. Quelle: IDC