Nach Desinteresse potentieller deutscher Interessenten am Mülheimer Familienunternehmen:

Norsk Data erwirbt 80 Prozent der Dietz KG

15.07.1983

MÜLHEIM - Bundesdeutschen Familienunternehmen, die Produkte zur Informationsverarbeitung herstellen, scheint allmählich die Luft auszugehen. Nachdem erst kürzlich die David Computer GmbH dem schwedischen Elektroriesen Ericsson einverleibt wurde, übernahm jetzt die norwegische Norsk Data A.S. (ND), Oslo, 80 Prozent des Stammkapitals der Mülheimer Dietz Computer Systeme KG.

Dem Zusammenschluß vorausgegangenen ist dem Vernehmen nach eine lange, jedoch erfolglose Suche nach einem geeigneten deutschen Kooperationspartner. Dabei sollen Verhandlungen mit allen in Frage kommenden größeren Unternehmen gelaufen sein. Dringlichster Wunsch der Mülheimer war es dabei gewesen, dem Familienunternehmen das notwendige Kapital zuzuführen, um weiterhin die angestrebten Produktentwicklungen durchfuhren zu können.

Mit dem abgelaufenen Jahr 1981 lag nach den Worten des geschäftsführenden Gesellschafters Peter Dietz eine "bittere Strecke" hinter dem Familienunternehmen an der Ruhr. Damals wurde nur ein Umsatzzuwachs von nicht einmal fünf Prozent auf 55,5 Millionen Mark realisiert, der sich am unteren Ende des Branchenschnittes hielt. An Investitionen für Forschung und Entwicklung wollte man jedoch nicht sparen: Sie beliefen sich auf 6,5 Millionen Mark, was umsatzbezogen 11,7 Prozent beträgt und weit über dem Durchschnitt der Konkurrenzanstrengungen liegt.

Wenig Erfreuliches gibt es anscheinend auch vom Geschäftsjahr 1982 zu berichten. In Dietz-Kreisen wird ,vermutet, daß 1982 die Einnahmen gar um zehn Prozent rückläufig waren. An diesem Punkt nun scheint dem Mülheimer Mittelständler die Luft ausgegangen zu sein. Nachdem es noch im Herbst 1982 (siehe CW Nr. 44 vom 29. Oktober 1982) geheißen hatte, daß sich die Osloer Norsk Data A.S. mit mehr als 25, aber weniger als 45 Prozent beteiligen will, legte die Dietz KG jetzt doch 80 Prozent der Anteile in die Hände der Norweger.

Damals war noch eine Vereinbarung getroffen worden, die die Zusammenarbeit in Vertrieb, Entwicklung und Produktion zum Inhalt hatte. In diesem Zusammenhang erwarb Dietz die Norsk Data Deutschland GmbH in Wiesbaden. Für die Norweger war dieser Schritt entscheidend, denn sie hatten aufgrund des fremden Marktes und des "für deutsche Ohren ungewöhnlich klingenden Namens" (so ein Dietz-Mitarbeiter) erhebliche Schwierigkeiten, in der Bundesrepublik ihre Produkte zu verkaufen.

Die Mülheimer dagegen waren zufrieden, einen Partner gefunden zu haben, der einen passenden Rechner für ihre CAD-Software baute. Diese lief zuvor auf Perkin-Elmer-Maschinen. Immerhin wollte Peter Dietz "im Bereich der mechanischen Konstruktion die Nummer eins der europäischen Anbieter werden". Aber auch heute noch setzt, wie Sales-Marketing-Direktor Fritz Reuter versichert, das Unternehmen auf die "Entwicklungsfreudigkeit des CAD-Marktes".

Wie sich jedoch in der Zwischenzeit herausstellte, gab sich der skandinavische Computerhersteller mit einer Minderheitsbeteiligung nicht zufrieden. Im Laufe der Verhandlungen habe Norsk Data einem Dietz-Insider zufolge darauf gedrungen, mehr Einflußmöglichkeiten zu erlangen. Schließlich habe man sich auf die jetzt vorliegende Mehrheitsbeteiligung geeinigt. So sollen künftig unter dem Namen Dietz mit der Modifikation ND-Dietz (Sitz weiterhin in Mülheim) sowie zwölf Außenstellen das gemeinsame Computerspektrum sowie die CAD/CAM-Systeme der Dietz-Tochter Technovision vertrieben werden. Zudem wird das neue Unternehmen, wie Reuter betont, das bislang auf Computer der mittleren Größenklasse ausgerichtete Dietz-Programm sinnvoll nach oben abrunden können.

Damit gibt nun allerdings die Familie Dietz, seit mehr als 30 Jahren alleiniger Inhaber der KG, die Geschäftsführung aus der Hand. Peter Dietz wechselt in den Beirat des Unternehmens als dessen Vorsitzender. Seinen Platz eingenommen hat in der Zwischenzeit ein Norweger: Odd Grondal leitet nun die Geschicke des Unternehmens. Welche weiteren personellen Konsequenzen die Übernahme haben wird, war bislang aus Mülheim nicht zu erfahren. Nur eins scheint sicher: Die Organisation des Unternehmens erfährt eine Neustrukturierung.

Den Kaufpreis, der in der Branche mit fünf Millionen Mark gehandelt wurde, wollte man ebenfalls weder bestätigen noch dementieren. Glaubt man Marketingchef Reuter, so scheint das derzeitige Geschäftsjahr nicht schlecht angelaufen zu sein. Das Unternehmen habe es geschafft, im ersten Halbjahr 1983 den Umsatz im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 25 Prozent nach oben zu katapultieren Dietz-Insider stehen diesen Zahler indes eher skeptisch gegenüber.

_AU:Nicole Winkler