Normungsrisiko

16.03.1984

Die DV-Umfeldbedingungen haben sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Schlagworte wie "Software der vierten Generation", "nichtprozedurale Sprachen" oder "Mikro-Mainframe-Kommunikation" stehen für einen Trend zu "benutzernaher Daten- und Informationsverarbeitung". Wie passen sich nun unsere Computer und Anwendungssysteme an?

Mit der saloppen Gegenfrage "Ist die vierte Generation eigentlich nicht schon die fünfte, wenn nicht gar die sechste?" wird man dem Problem gewiß nicht gerecht. Die Hardware ist in der Tat unkomplizierter geworden, die Software benutzerfreundlicher - ein Kompliment an die Computerindustrie. Sie ist erwachsener geworden, kündigt Systeme weniger hektisch an. Der wachsende Trend zu kompatiblen Geräten und portabler Software verschafft der Normungsfrage neue Brisanz (Seite 1: "ISO will Hickhack um Cobol-80-Norm beenden").

Nur sollten wir uns nicht wundern, wenn sich die Cobol-Standardisierung, wie gehabt, verzögert. Es könnte nämlich sein, daß sich einige ISO-Mitglieder aus eben den Gründen querlegen, die das Normungsziel stützen: Verhinderung von Inkompatibilitäten. Denn wir müssen ja mit Cobol 74 leben - und mit Cobol 68. Und nichts fürchten die Anwender mehr, als daß ihre Software obsolet wird.

Es könnte aber auch sein, daß ein Super-Anwender wie die US-Regierung die Sprachnormer zu ihrem Cobol-80-Glück zwingt. Man sieht, die Verantwortung für das Funktionieren des Normungsprozesses tragen letztendlich die Anwender selbst. Daß es ihnen am ernsthaften Wollen fehle, dürfte eigentlich kein schwerwiegender Einwand sein.