Beim CW-Schnappschuß '87 über ihre Karrierechancen meinen DV-Profis:

Noch will der Führungszirkel unter sich bleiben

18.12.1987

Bisher gehören die meisten DV-Entscheider im Unternehmen zur zweiten Garnitur. Deshalb muß der, DV-Verantwortliche sein Terrain erneut abstecken, ergab eine CW-Umfrage bei deutschen Unternehmen: Er kämpft gegen Verständnislosigkeit im Führungszirkel sowie gegen die Rivalität in den Fachabteilungen. Um sich im Unternehmen als Informations-Manager durchsetzen zu können, sucht der DV-Verantwortliche nach einem Verbündeten. Im Hersteller indes, so das Fazit, wird er ihn kaum finden. Vorläufig bleibt ihm nur das strategische Fingerspitzengefühl. Die Datenverarbeitung hat eine neue Dimension gewonnen. Sie ist zum einen durch individuelles Arbeiten am Arbeitsplatz in den verschiedensten Anwendungsbereichen charakterisiert. Zum anderen entstehen in und außerhalb von Unternehmen Informationsnetzwerke. Über die Rationalisierung hinaus - als Steckbrief per se für die DV - resultiert damit neuer Nutzen für die Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Hilfe bei dieser Herausforderung erwarten Unternehmen von der DV. Dabei greifen vor allem Wirtschaftlichkeitsaspekte ein Gebiet, auf dem die derzeitigen DV-Protagonisten nicht immer sattelfest zu sein scheinen. Zwar spiegelt die Ausbildung von DV-Verantwortlichen allgemein ein hohes Niveau wider. Über die Hälfte der von der COMPUTERWOCHE Befragten (58,3 Prozent) weisen nämlich ein abgeschlossenes Studium an einer Universität auf.

Doch Erfahrung einer technisch orientierten Ausbildung hat sie gelehrt: Die bevorzugte Studienrichtung - so lautet auch ihr Tip für Einsteiger - besteht aus einer Kombination von Informatik und Wirtschaftswissenschaften. Es hält sich die Waage, ob das Hauptfach kommerziell oder technisch ausgerichtet sein soll.

Weit zurück in der CW-Statistik liegen jene DV-Leiter mit Fachhochschulreife. Mit dieser Qualifikation startete nur ein Sechstel der DV-Profis die Karriere. Sie besonders wissen zu berichten: Für die Spitzenfunktion ist das abgeschlossene Studium Voraussetzung. Über den Wert eines Zweitstudiums klaffen die Aussagen bei allen Befragten auseinander. Die Promotion indes gilt für den Nachwuchs in den meisten Unternehmen als Aufstiegsvoraussetzung in das Topmanagement.

"Hart arbeiten" ist nach wie vor die Devise für eine erfolgreiche Karriere. Dieser Ansicht sind über drei Viertel der DV-Entscheider. Wer rastet, der rostet - das gilt besonders für das Fachwissen in der sich rasch wandelnden Branche. Ohne Weiterbildung geht gar nichts, meinen deshalb auch zwei Drittel der Befragten. Nur dann lasse sich auch bereichsübergreifend - "über den eigenen DV-Zaun hinweg" - denken und handeln. Halten es fast sechzig Prozent der DV-Chefs für wichtig, "Menschenführung zu lernen", erfreut sich "Menschlichkeit zeigen" nur noch bei der Hälfte von ihnen größerer Beliebtheit.

Der Mangel an Führungsqualität scheint nicht verwunderlich, ist doch der typische Berufsweg nach wie vor vom Thema Technik bestimmt. Als Laufbahnskizze in der CW-Erhebung liest er sich: Programmierer, Leitung Programmierung, RZ-Leiter, DV-Leiter, DV/Org.-Leiter. Seiteneinsteiger kommen aus der kaufmännischen Linie, vom Vertrieb oder aus dem Personalbereich.

Weg in die Belle Etage bleibt noch versperrt

Zwar hat der DV-Entscheider gelernt, technisch zu räsonieren, nicht aber ausreichend strategisch zu argumentieren. Die Folge: Fast drei Viertel fühlen sich von der Geschäftsführung nicht umfassend, "über wesentliche Dinge im Unternehmen" informiert. Nur ein Fünftel der Befragten bezeichnet die Kommunikation mit der Top-Etage als gut. Rivalität einerseits sowie Verständnislosigkeit für fachliche Fragestellungen andererseits prägen den Status quo zwischen DV- und Fachabteilungen. Über 80 Prozent beklagen sich über einen unvollkommenen Informationsfluß.

Leidensdruck kann deshalb als Beweggrund für den Wunsch von über drei Viertel (76,3 Prozent) aller Befragten DV-Profis gelten, Informations-Management im Vorstandsbereich angesiedelt sehen zu wollen. Nur dann nämlich ließen sich unternehmensweite Integration und Kommunikation reibungsloser gestalten. Die Chance indes, die Unternehmensführung von dem DV-Anliegen überzeugen zu können, scheiterte bisher, so die CW-Statistik, an der mangelnden Wertschätzung des DV-Verantwortlichen durch den Führungszirkel. Der Weg in die Belle Etage blieb ihm bisher verwehrt. Schließlich stellte nur ein Drittel aller DV-Chefs eine Neuorientierung des DV-Verantwortlichen "in Richtung Information-Manager" fest. Dafür gibt es Gründe. So beschreibt die zweite Garnitur im Unternehmen ihr Verhältnis zur Ünternehmensleitung nach wie vor als gleichbleibend schlecht oder sogar schlechter als zuvor.

Mit CIM ist noch kein Blumentopf zu gewinnen

Allerdings beginnen Topmanager zu kalkulieren: Unternehmerischer Spürsinn für das Werkzeug, das weit mehr als ein Rationalisierungsinstrument sein kann, beginnt zu erwachen. Immerhin zeigen über 80 Prozent "mehr Interesse" für die DV und nur noch acht von hundert Topmanagern "wollen damit nichts zu tun haben". Allerdings gilt die Aufmerksamkeit von gut einem Drittel der Entscheider aus dem Führungszirkel wohl mehr dem DV-Geschehen als dem DV-Verantwortlichen selbst.

Der Renner der Saison für die Topmanager scheint dabei die von der DV-Riege oft mißtrauisch beäugte Bürokommunikations-Welt zu sein: Über die Hälfte machen sich für Office-Automation stark. Offensichtlich verspricht sich die Unternehmensführung von einer automatisierten Verwaltung entscheidende Schritte für ein verbessertes Ergebnis. Ein fertiges Modell indes liegt bei zwei Drittel der Befragten noch nicht vor. Auf wesentlich weniger Begeisterung stößt dagegen das spektakuläre Kürzel CIM. Lediglich ein Viertel der Betriebe plant in naher Zukunft eine Automatisierung der Fertigung. Konkrete Vorstellung über die technische und organisatorische Realisierung besitzen allerdings nur 20 Prozent von ihnen.

DV-Koordinator soll Sprachlosigkeit abbauen

Für diese neuen Konzepte suchen die DV-Verantwortlichen nach Verbündeten. Zu den Herstellern von Informations- und Kommunikationstechnik haben die Befragten indes wenig Vertrauen: "Die meisten von ihnen sind doch noch nie Problemlösungslieferanten gewesen", lautet so auch der Tenor bei den Antworten zu der Frage, wer in Zukunft die Anwendungsprobleme lösen werde. Dies könnte letztendlich nur durch den Anwender selbst geschehen. Uneinig sind die DV-Profis indes über die künftige Stellung der Anbieter im Hardware-Sektor. Empfehlen die einen den Hersteller, "bei ihren Leisten zu bleiben", denken andere, daß nur eine Kooperation mit einem Softwarehaus den HW-Anbieter über die Runden retten kann.

Zeigt die Suche nach externen Verbündeten für die komplexen Aufgaben wenig Resultate, lassen sich im Unternehmen bereits Konturen erkennen. Die DV-Leiter setzen verstärkt auf übergreifende Tätigkeitsfelder. Typisch für die integrierende Funktion ist laut CW-Erhebung der junge Beruf des DV-Koordinators. Dieser Verbindungsmann soll die Brücke zwischen DV-Spezialisten und Fachabteilungen beim Anwender schlagen. Er muß sowohl etwas voll der Technik als auch vom Anwendungsfach verstehen, um abweichende Vorstellungen zu koordinieren und die bisherige Sprachlosigkeit zwischen den Kontrahenten abzubauen.

Fazit des CW-Schnappschusses '87 bei DV-Profis großer deutscher Unternehmen über Berufschancen: Oberstes Gebot für die Karriere sind vor allem Integrationsfähigkeit und Weiterbildung. Offen bleibt indes, ob die DV-Chefs die Herausforderung einer gewandelten "DV-Welt" bewältigen können. Technische Entscheidungen nämlich sind längst gefallen - unternehmerische hingegen verlangen neue Strategien und neue Veorbündete.