Ohne Schnittstellen klappt nichts

Noch fehlen den Intranets zentrale Verwaltungs-Tools

02.08.1996

Die geeignetste Internet-Strategie herauszuarbeiten, ist schwierig. Für Martin Kuppinger, DV-Unternehmensberater in Stuttgart, gibt vor allem die Art der zu übertragenden Informationen den Ausschlag. Er unterscheidet zwischen Pull- und Push-Informationen. Unter Push-Inhalten versteht der Berater Nachrichten, die der Anwender passiv empfängt und denen wie beispielsweise bei E-Mails eine eindeutige Beziehung zwischen Sender und Empfänger zugrunde liegt. Im Pull-Falle wird der Empfänger dagegen selbst aktiv und holt sich bereitgestellte Informationen auf einem Server ab. Für diese Art von Kommunikation sind nach Meinung des Beraters Intra- und Internet besonders geeignet.

Unklar bleibt zunächst also, ob das Intranet als unternehmensintern genutzter, nach außen abgeschotteter Teil des Internet zum Austausch von Push-Inhalten eine Alternative zu den konventionellen DV-Ansätzen ist. Über das Für und Wider beider Verfahren diskutierten Teilnehmer auf dem Strategieforum "Internet und Intranet" des Debis-Systemhaus-Training in Stuttgart.

Viele Anwender erhoffen sich vom Intranet eine Lösung ihrer Probleme, die sie mit konventionellen Produkten und Methoden haben. Auf Anwenderseite bemängelt man vor allem, daß die herkömmlichen Verfahren keine Diskussionen via Netz erlauben, oft keine grafisch dargestellten Inhalte transportieren und meist keine Speichersysteme mit abrufbaren Informationen bereitstellen. Letztlich seien sie nicht mehr als eine reine Umsetzung des Push- Prinzips.

Einen ersten Ausweg aus diesem Dilemma bieten zwar die diversen Groupware-Plattformen, doch der Anwender erkauft sich diesen Kommunikationsmehrwert mit hohen Kosten für Software, Anwendungsentwicklung und Administration. Zudem drohen laut Kuppinger vor allem bei der Anwendungsentwicklung hohe versteckte Kosten, da "am Markt kaum Manpower zu bekommen ist". Allerdings gelte dies, ähnlich auch für Intranet-Plattformen.

Während für eine Groupware-Ausstattung mehr oder weniger arbeitsaufwendige Vorarbeiten notwendig sind, können Intranet-Webs laut Kuppinger sofort Funk- tionen wie Messaging, Information- Management, Diskussionsforen etc. übernehmen. Trotz simpler Installation sollten die Sicherheitsaspekte nicht vernachlässigt werden. Der Stuttgarter Berater empfiehlt Anwendern, die Web- Server mit den Sicherheitsmechanismen der verwendeten Netz- Betriebssysteme wie Netware oder Windows NT Server zu integrieren. Analog dazu seien die Authentifizierungs-Mechanismen der eingesetzten Netzwerke auch für das Intranet im Unternehmen zu verwenden.

Last, but not least rät Kuppinger, nur Komponenten einzusetzen, die ein akzeptables Maß an Sicherheit bieten - weshalb ein Verzicht auf das File Transfer Protocol (FTP), das die Paßwörter unverschlüsselt über das Netz überträgt, zu empfehlen sei. Ebenfalls auf der schwarzen Liste stehen für den Consultant Modems, denn "wenn diese unkontrolliert genutzt werden, können Sie sich das Geld für eine Firewall sparen".

Neben den Sicherheitsproblemen ist eine weitere Hürde zu meistern: die Integration bestehender Datenbanken in ein Intranet. Vorteile wie dynamische Web-Seiten-Zugriffe von Hypertext-Markup-Language- (HTML-)-Dokumenten auf Datenbanken oder die leichtere Pflege von statischen Web-Seiten, die mit Hilfe der Datenbankinhalte aktualisiert werden, sind verlockend. Zuvor ist aber die Verbindung zwischen Datenbanken und WWW herzustellen - eine nicht ganz triviale Aufgabe. Zwar haben alle Hersteller entsprechende Lösungen angekündigt oder bereits auf den Markt gebracht, die aber laut Kuppinger meist nur das eigene Datenbank-Management-System unterstützen.

Der Stuttgarter favorisiert deshalb Microsofts Open-Database- Connectivity-(ODBC-)-Lösung, die mit dem "Internet Information Server" ausgeliefert wird, da hiermit der Zugriff auf verschiedene Datenbanken erfolgen kann. Darauf aufsetzend, bietet die Gates- Company ein "Internet Server API" für dynamische Zugriffe an. Eine Alternative ist das Common Gateway Interface (CGI) als Standard- Schnittstelle für die Automatisierung. Meist wird dieses Skript in Perl, C, Rexx oder anderen Sprachen verwirklicht und läuft kompiliert oder interpretiert ab.

Aufgrund der verschiedenen Vor- und Nachteile der Plattformen dürfte vielen Anwendern die Entscheidung schwerfallen. Während für die Internet-Technologien die geringen Software- und Hardwarekosten im Vergleich zu Groupware-Lösungen sprechen, weist dieser Ansatz auf Administrationsseite ein dickes Minus auf. Im Gegensatz zu den Groupware-Produkten, die administrativ meist in das entsprechende Netz-Betriebssystem integriert sind, erfolgt bei den Intranet-Konzepten die Verwaltung dezentral und verursacht deshalb mehr Aufwand.

Die Aachener Niederlassung des Debis Systemhauses, das derzeit ebenfalls die Einführung eines Intranet in Erwägung zieht, will deshalb zweigleisig fahren und die Groupware-Plattform "Lotus Notes" parallel zu einem Intranet einsetzen. Für Debis-Mitarbeiter Martin Paulsen hat diese Lösung den Vorteil, auf zentrale Dokumente sowohl via Notes-Client als auch über Web-Browser zugreifen zu können. Den Vorteil der Notes-Clients sieht Paulsen darin, daß damit kein IP-Stack für die Clients erforderlich ist. "Ein Punkt, der nicht zu unterschätzen ist", so der Debis- Mitarbeiter, "wenn beispielsweise bei einer reinen Intranet-Lösung für 7000 Clients IP-Adressen benötigt werden."

Auf diese Weise haben die Anwender sowohl Zugriff auf HTML- als auch auf Notes-Dokumente. Für die "On-the-Fly"-Konvertierung von HTML zu Notes und umgekehrt nutzen die Aachener eine Vorabversion des angekündigten Domino-Server von Lotus.