Electronic Commerce/Kommentar

No Business like E-Business

16.10.1998

Keine vier Jahre ist es her, daß in erster Linie über die Umgangsformen im Web gesprochen wurde, der Begriff "Netiquette" war in aller Munde. Ein ganzer "Knigge" an Benimmregeln hatte sich während der erstaunlichen Entstehungsgeschichte des Internets herausgebildet. Punkt eins, fanden die Professoren und Studenten, die das ursprünglich für militärische Zwecke eingesetzte Kommunikations-Tool nun für die Forschung nutzten, müsse sein, daß die Netzteilnehmer keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen: "No Commercials".

Wie unrealistisch eine solche Forderung war, hätten die Internet-Akrobaten im Dienste der Wissenschaft eigentlich wissen müssen. Weder den gesunden Erwerbstrieb - von den "ganz anderen" gar nicht zu reden - noch den banalen Kommunikationsdrang konnten die elitären Pioniere des Web aus ihren heiligen Cyber Halls verbannen.

Der Rest ist bekannt: Der Internet-Anschluß ist in der Welt des Kommerzes so selbstverständlich geworden wie das gute alte Telefon, der Web-Browser so verbreitet wie die Fenstertechnik von Bill Gates. Kein Geschäftsvorfall mehr, der nicht, hat man ihn erst einmal von der Papierform befreit, nicht unter die weltumspannende Herrschaft des Intra-, Extra- beziehungsweise Internet-Formats gerät.

Die Marketing-Abteilungen marktführender IT-Hersteller haben die Zeichen der Zeit erkannt und eilig ein "E" für Electronic vor ihre Produktnamen gestellt. Leider haben in vielen Fällen Produktion, Forschung und Entwicklung nicht nachgezogen, so daß das "E" eher als Versprechen denn als Tatsache zu lesen ist.

Fleißiger indes sind die Marktforschungsunternehmen, die für E-Commerce in Prognosewerken gigantische absolute Nutzerzahlen und höchste Steigerungsraten ausweisen, allerdings unter "Finanzierungsvorbehalt".