Nixdorf-Anwender nicht abseits lassen

27.09.1991

Die Siemens AG ist unter anderem angetreten, die Schulden der Nixdorf Computer AG zu begleichen und die Nixdorf-Altlasten abzutragen - auch wenn dies der SNI-Vertrag nicht explizit vorsieht. Die Auflage war ja, daß sich SNI mit der finanzstarken Siemens-Mutter im Rücken selbst helfen sollte. Viel hatten sich die SNI-Manager denn auch bei der Fusion vorgenommen - nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres sind die Ziele nicht annähernd erreicht. Daß die Ergebniszahlen noch nicht stimmen, ist nicht einmal das größte Ärgernis. Die Münchner sind erstklassige Buchhalter, die so leicht nichts aus der Fassung bringen kann. Schwerer wiegt, daß erhoffte Aufträge aus dem MDT-Massengeschäft, einer früheren Nixdorf-Domäne, ausgeblieben sind. Wenn es den SNI-Strategen nämlich nicht gelingt, die 8870-Kunden zu halten, dann können sie sich ehrgeizigere Pläne - auch die sind formuliert - bis auf weiteres abschminken.

Verdruß bringt nun gerade jener Bereich, von dem sich die Münchner bei der SNI-Gründung so viel versprochen hatten. Auslösendes Moment: die Unsicherheit bei den 8870-Anwendern, gebrannte Kinder allesamt. Mit Absichtserklärungen des SNI-Managements ist ihnen nicht geholfen. Das Rezept etwa, wie ein 8870-Kunde ein Unix-Anwender werden kann, ist leicht zu geben, aber die Ausführung setzt Kenntnisse voraus, über die man nicht einfach hinweggehen kann, indem man sagt: "Unabhängige Softwarehäuser bieten entsprechende Umstellungshilfen an." Die Münchner dürfen sich nicht wundern, daß Anwendervereinigungen, wie EAK und Save, eben diese Praktiken kritisieren und eine klare Stellungnahme ihres Lieferanten einfordern, wie es in Sachen Migration auf andere Plattformen weitergehen soll.

Die SNI-Oberen müssen antworten. Mehr noch: Sie müssen gegensteuern. Daß das "Alexander"-Projekt (korrekt: ALX) ins Gerede gekommen ist (Seite 1), macht die Aufgabe bestimmt nicht leichter. Der geradezu zwanghaft anmutende Versuch, die ALX-Probleme herunterzuspielen, verschlimmert indes die Lage Zugegeben: Die SNI-Verantwortlichen stehen unter Erfolgsdruck, was die Durchführung von Konsolidierungsmaßnahmen betrifft. Da lassen die Finanzexperten der Muttergesellschaft nicht mit sich spaßen.

Aber was haben die 8870-Anwender davon? Für den Fall, daß ALX scheitert, müssen Alternativen zur Verfügung stehen. Was nicht heißen soll, daß bereits ausgemacht sei, SAPs R/3-Ansatz wäre die Alternative. Die Frage muß jedoch erlaubt sein, wie weit die Verhandlungen zwischen SNI und SAP gediehen sind Für nicht wenige 8870-Anwender besteht akuter Handlungsbedarf. Nun muß SNI endlich handeln. Wer Markt kauft, muß auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.