Was beim Jobwechsel zu beachten ist

Nicht nur auf das Bruttogehalt schielen

14.04.2000
Von Alexandra Glasl
Wenn sich Young Professionals alle zwei Jahre eine neue Stelle suchen, müssen sie noch lange nicht im Abseits landen, sondern erreichen oft die nächste Sprosse der Karriereleiter schneller als andere. CW-Redakteurin Alexandra Glasl sprach mit Thomas Küpper, Geschäftsführer der Karriereberatung "karrierekick.de", über die goldenen Regeln für den Jobwechsel.

Young Professional: Ist es heute bereits normal, alle zwei Jahre den Job zu wechseln?

Küpper: Ein Wechsel ist grundsätzlich akzeptierter als früher, wo es die Regel war, 20 Jahre für dieselbe Firma zu arbeiten. Die Unternehmen selbst entwickeln sich durch Fusionen ebenfalls ständig weiter, so dass für die Mitarbeiter ein Wechsel in die neu entstandene Gesellschaft oft unausweichlich ist. Gerade Einsteiger sollten sich nach zwei bis drei Jahren Berufserfahrung nach einem neuen Arbeitgeber umschauen, um neue Themen und Unternehmen kennen zu lernen und ihren Horizont zu erweitern. Bei jungen Mitarbeitern wird ein häufiger Stellenwechsel, das heißt alle zwei bis drei Jahre, in Kauf genommen. Je älter die Mitarbeiter werden, desto länger ist auch ihre die Verweildauer im Unternehmen.

Young Professional: Was passiert, wenn man früher, zum Beispiel gleich nach Ablauf der Probezeit, kündigt?

Küpper: Eine Kündigung nach der Probezeit ist gerade für Einsteiger nicht ratsam. Das Berufsleben spielt sich nicht mehr im Semestertakt ab. Sie müssen beweisen, dass sie sich engagieren können und Durchhaltevermögen besitzen. Darum sollten sich Hochschulabsolventen ihren ersten Arbeitgeber gut aussuchen.

Young Professional: Wie soll man sich verhalten, wenn man die Probezeit nicht bestanden hat?

Küpper: Das ist der schlimmste aller Fälle, denn bei den potenziellen Arbeitgebern taucht dann schnell die Vermutung auf, dass der Kandidat dem Übergang von der Universität ins Berufsleben nicht gewachsen zu sein scheint. Es ist ratsam, bei den anschließenden Bewerbungen diese Situation nicht zu kommunizieren. Wird man im Bewerbungsgespräch auf den ehemaligen Arbeitgeber angesprochen, sollte man in jedem Fall vermeiden, sich negativ über ihn zu äußern. Zur Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber ist man sogar gesetzlich verpflichtet. Dennoch werden Bewerber in Vorstellungsgesprächen gern mit der Frage "Was hat Ihnen denn an Ihrem letzten Job nicht gefallen?" provoziert. Darauf antwortet man am besten ganz wenig undnur global-galaktisch nach dem Motto: "Der gemeinsame Erfolg konnte aufgrund sich verändernder Prämissen nur eingeschränkt eintreten."

Young Professional: Was muss man beachten, wenn man sich einen neuen Arbeitgeber sucht?

Küpper: Zuallererst sollte man tief in sich hineinschauen und hinterfragen, warum man kündigen will. Womit bin ich nicht zufrieden und was habe ich selbst getan, um es zu ändern? Wer sich darauf keine befriedigende Antwort geben kann, gerät in dem neuen Unternehmen schnell wieder in eine ähnliche Situation. Es hilft nichts, die Probleme immer nur bei den anderen zu suchen. Um zu einer ehrlichen Beurteilung der eigenen Situation zu kommen, sollte man sich mit anderen austauschen. Zudem sollte man prüfen, ob man sich nicht auch innerhalb des Unternehmens verändern könnte. Will man sich bei einer Tochtergesellschaft bewerben, die im Wettbewerb mit dem eigenen Unternehmen steht, sollte man eher den informellen Weg gehen. Steht der Kündigungsentschluss fest, sollte man gezielt nach dem suchen, was man jetzt vermisst. Dabei hilft ein Anforderungskatalog; eine strukturierte und dokumentierte Vorgehensweise ist sehr ratsam.

Young Professional: Kann ich im Bewerbungsprozess überhaupt schon erkennen, ob das Unternehmen meinen Anforderungen entspricht?

Küpper: Mit dem Internet-Auftritt der Firma geht es schon los: Wie lädt sich die Seite? Sprechen mich die Inhalte an, ist eine Online-Bewerbung möglich, werden konkrete Ansprechpartner aufgeführt? Vermittelt die Seite die Vision des Unternehmens? Ein guter Indikator ist auch die Reaktion des Unternehmens auf meine Bewerbung. Wie schnell erhalte ich eine Antwort? Bekomme ich einen klar definierten Ansprechpartner oder wird meine Bewerbung innerhalb des Unternehmens ständig weitergeleitet?

Young Professional: Gerade im überhitzten IT-Arbeitsmarkt liegt es nahe, für ein höheres Gehalt zu wechseln. Sollte Geld das ausschlaggebende Motiv für den neuen Arbeitgeber sein?

Küpper: Jeder, der mit exorbitanten Gehaltsforderungen an ein Unternehmen herantritt, muss wissen, dass er extrem hohe Erwartungen an die eigene Person provoziert. Die Kernfrage der Unternehmen ist: Kann ich mit dem Mitarbeiter mehr Geld verdienen, als er mich kostet? Diese Frage müssen sich Kandidaten stellen, bevor sie ihre Gehaltswünsche formulieren. Ich kann Young Professionals nur davon abraten, ausschließlich auf das Bruttogehalt zu schielen. Für den nicht-verheirateten Diplominformatiker beginnt bei 120 000 Mark im Jahr sowieso die steuerliche Höchststrafe. Viele vergessen, dass zwischen 100 000 und 140 000 Mark Jahresgehalt nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben netto kaum ein Unterschied besteht. Auch Firmenwagen müssen als geldwerter Vorteil versteuert werden: je dicker das Auto, desto höher der zu versteuernde Anteil und umso geringer das Nettoeinkommen.

Young Professional: Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, die ihren Mitarbeitern über das Jahresgehalt hinaus finanzielle Anreize bieten wollen?

Küpper: Aktienoptionen sind eine Alternative, die die Mitarbeiter nach einer bestimmten Frist einlösen können und deren Erlöse sie nicht versteuern müssen. Viele Firmen bieten ihren Mitarbeitern zwar ein niedrigeres Bruttogehalt, dafür aber verdeckte Gehaltsanteile: Die Bandbreite reicht hier vom Handy über das komplett ausgestattete Büro für zu Hause bis hin zur Bildungsreise in die Karibik. Statt einen eigenen Firmenwagen anzubieten, können die Unternehmen den Mitarbeitern auch die Möglichkeit geben, jederzeit ein Auto aus dem Fuhrpark zu benutzen.

Young Professional: Wie kann ich sicherstellen, dass ich mich nicht ins Karriereaus befördere, wenn ich mehrmals die Stelle wechsle?

Küpper: Entscheidend ist, eine mittelfristige Strategie zu verfolgen und immer dazuzulernen. Auf einem Excel-Sheet kann man seine Ideen, die interessanten Firmen und seine Ziele festhalten und immer wieder überprüfen, ob man seine Vorgaben einhält. Wer um der interessanteren Aufgabe willen wechselt und ein niedrigeres Gehalt akzeptiert, handelt meist taktisch klug, da sich gleichzeitig sein Marktwert erhöht. Wenn ein 32-jähriger Informatiker nur ein Projekt nach dem anderen abwickelt, aber nichts dazulernt, muss er nach zwei bis drei Jahren wechseln, um den Know-how-Zug nicht zu verpassen. Schließlich gilt er ab 40 Jahren in der Branche schon als schwer vermittelbar.

Young Professional: Wie stelle ich mehrmalige Stellenwechsel in meinem Lebenslauf dar?

Küpper: Man soll auf keinen Fall so tun, als ob häufige Stellenwechsel normal wären. Ich empfehle, den tabellarischen Lebenslauf mit einem Beiblatt zu ergänzen, in dem ich ausformuliere, warum ich jeweils gewechselt habe.