Nicht lamentieren, qualifizieren!

06.09.2007
Unternehmen müssen wieder mehr in ihre Mitarbeiter investieren.
Wissensintensive Aktivitäten sind nach Einschätzung der befragten Unternehmen entscheidend, um im Wettbewerb bestehen zu können.
Wissensintensive Aktivitäten sind nach Einschätzung der befragten Unternehmen entscheidend, um im Wettbewerb bestehen zu können.

Die Konjunktur zieht an, die Lage auf dem Arbeitsmarkt entspannt sich, und IT-Firmen und Branchenverbände warnen wieder einmal vor einem Mangel an Fachkräften, der den weiteren wirtschaftlichen Aufschwung zu gefährden drohe. So hat beispielsweise der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (Bitkom) in einer Unternehmensbefragung festgestellt, dass mittlerweile über die Hälfte der ITK-Firmen sich vom Fachkräftemangel betroffen sehen. Zum Vergleich: 2005 hatten nicht einmal 20 Prozent der befragten Unternehmen erklärt, Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fachkräften zu haben.

Hier lesen Sie ...

wie Unternehmen auf den Fachkräftemangel reagieren wollen;

wie sie ihre Mitarbeiter fördern möchten;

was Mitarbeiter künftig können müssen.

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Dabei wird sich der Engpass bei qualifizierten und hochqualifizierten Bewerbern voraussichtlich noch weiter verstärken. Das belegt auch eine Studie, die das Institut tns emnid im Auftrag der DIS AG realisiert hat. Demzufolge würden sich im Falle einer weiteren Verknappung qualifizierter Arbeitskräfte von rund 1000 befragten Unternehmen 79 Prozent in nennenswerter Weise betroffen sehen.

Die Anforderungen der IT-Firmen sind differenzierter geworden

Alle Zeichen deuten darauf hin: Das Problem des Fachkräftemangels wird uns auch weiter beschäftigen. Der mahnende Appell an Politik und Bildungsinstitutionen, geeignete Gegenmaßnahmen auf den Weg zu bringen, greift hier zu kurz. Die Unternehmen selbst müssen ihre Anstrengungen in der betrieblichen Weiterbildung deutlich verstärken, ihre Personalpolitik und entwicklung intensivieren und somit den veränderten Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt anpassen. Die Dringlichkeit ergibt sich nicht allein durch den fehlenden Nachwuchs in technischen Studiengängen, sondern auch aus der rückläufigen Bevölkerungsentwicklung.

Offensichtlich haben die Firmen ihre Eigenverantwortung nun erkannt: Im Rahmen der tns-emnid-Studie nannten die Unternehmen das Thema Weiterbildung an erster Stelle möglicher betrieblicher Maßnahmen, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Auf Rang zwei folgen Angebote zu gesundheitsfördernden Maßnahmen für ältere Mitarbeiter/-innen, Platz drei belegt der Ansatz einer flexibleren Personalorganisation.

In der Praxis zeigt sich allerdings beim Schlüsselthema der berufsbezogenen Weiterbildung noch erheblicher Nachholbedarf. Laut dem OECD-Bildungsbericht von 2006 nehmen in Deutschland tatsächlich wesentlich weniger Menschen an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen teil als in vergleichbaren Ländern Europas und Nordamerikas. Dabei kann es sich ein Land wie Deutschland, dessen wichtigste Ressource in den Köpfen seiner Bürger steckt, nicht leisten, wertvolles Potenzial zu verschenken beziehungsweise nicht auszuschöpfen.

Im IT-Bereich sind Mitarbeiter/-innen zudem mit der Situation konfrontiert, dass die Anforderungen von Unternehmensseite in den letzten Jahren viel differenzierter geworden sind. Längst geht es nicht mehr darum, allein auf fachlicher Ebene zu punkten. Nicht die reine technische Lösung beispielsweise einer Schnittstellenprogrammierung ist heute gefragt, sondern zudem das Verständnis dafür, welche betrieblichen Prozesse davon betroffen sind und wie sie durch IT-Lösungen optimiert werden können. Grundkenntnisse in betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen, ein hohes analytisches Verständnis sowie kommunikative und beratende Fähigkeiten werden somit für den IT-Spezialisten immer wichtiger.

Auf diese erweiterten Anforderungen vorzubereiten kann nicht alleine Sache der Bildungsinstitutionen sein. Stattdessen müssen insbesondere die Unternehmen in eine Art Coaching-Funktion hineinwachsen, die den Einzelnen dabei unterstützt, sein Qualifikationsprofil mit den Marktanforderungen in Einklang zu bringen. Gezielte, projektbezogene Weiterbildung, Vermittlung von sozialen und kommunikativen Fähigkeiten und die gemeinsame Verständigung über Potenziale, Defizite und Karriereziele der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters bestimmen die Inhalte dieser Unterstützung durch den Arbeitgeber. Bei der DIS AG, die in ihrem IT-Bereich rund 390 Mitarbeiter/-innen an 17 Standorten beschäftigt, wird beispielsweise ein breites Programm von Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten angeboten, das auf die individuellen Bedürfnisse der/des Einzelnen abgestimmt ist. Es umfasst fachliche Themen wie Programmiersprachen und Systemzertifizierungen ebenso wie Seminare zu Projekt-Management, Rhetoriktraining und Persönlichkeitsentwicklung.

Im IT-Bereich hat der "Kampf um die besten Köpfe" bereits begonnen. Schon heute gilt es, in der Personalarbeit die Weichen richtig zu stellen, um sich auch in Zukunft als Unternehmen in einer veränderten Arbeits- und Wissensgesellschaft behaupten zu können. Sich dabei vom Arbeitgeber zum Karrierebegleiter zu entwickeln, wird eine wesentliche Herausforderung der kommenden Jahre sein.