Wann Mobilität die Karriere fördert

Nicht jeder Umzug zahlt sich aus

15.04.2010
Von Petra Riedel

Wann sich ein Umzug nicht lohnt

Daraus könnte man einen simplen Schluss ziehen: Ein neuer Job kann einen Gehaltssprung bringen, doch der neue Wohnort tut das nicht. Überspitzt könnte man daraus sogar einen Ratschlag an alle Hochqualifizierten ableiten: Suchen Sie sich alle paar Jahre eine neue Stelle, aber bleiben Sie in Ihrer Region. Denn Umziehen lohnt sich nicht.

Doch das wäre ein Kurzschluss. Denn manchmal findet sich in der Nähe keine neue Herausforderung: Man mag ein Experte auf seinem Gebiet sein - doch das nächste Unternehmen, das einen solchen Spezialisten braucht, ist vielleicht 500 Kilometer entfernt. Wer beruflich eine neue Perspektive sucht, muss dann beweglich sein. Denn der Wechsel des Jobs gelingt in solchen Fällen nur bei einem Wechsel des Wohnorts.

"Tatsächlich aber gibt es regional deutliche Gehaltsunterschiede", sagt Jens Lübberstedt, Berater bei Kienbaum und dort verantwortlich für die IT-Vergütungsstudie. Im Osten müsse man mit etwa 20 Prozent weniger Gehalt rechnen - das ist eine Erfahrung, die auch Marco Widlok machen musste. Spitzengehälter erzielen IT-Profis in Düsseldorf, und zwar seit Jahren. Verdient ein Softwareentwickler im bundesdeutschen Durchschnitt insgesamt rund 53.000 Euro im Jahr, kann er in Düsseldorf mit 65.200 rechnen; in der Rangliste folgen Dortmund, Frankfurt am Main, Stuttgart, München und Köln.

Ein leicht unterdurchschnittliches Gehalt erwartet ihn (oder sie) in Hamburg (51.900), dahinter liegen das Ruhrgebiet, Berlin, Nürnberg und Dresden (43.500). Analog die Rangliste bei den IT-Consultants: In Düsseldorf können sie im Jahr insgesamt 76.300 Euro nach Hause tragen, in Dresden sind es noch 50.300, haben die Kienbaum-Experten ermittelt. Doch die besseren Gehälter in den westdeutschen Großstädten werden zum Teil sicher wieder von höheren Lebenshaltungskosten aufgezehrt.

Denn 23 Prozent des Einkommens gehen im Schnitt für die Miete drauf, in einer Großstadt muss man sogar rund ein Drittel ansetzen. Am teuersten ist München, hier zahlt man fast zehn Euro pro Quadratmeter Kaltmiete, gefolgt von Stuttgart (7,40), Köln, Düsseldorf, Hamburg (6,80), Frankfurt (6,70), Berlin-West (5,40). In Dresden sind es noch 5,30 Euro; in Leipzig, wo Marco Widlok seine Traumwohnung gefunden hat, kostet der Quadratmeter fünf Euro, so der Mietspiegel der Beratungsfirma F + B.

Mobilität ist keine zwingende Voraussetzung für eine Karriere - Mobilität empfiehlt sich eher dann, wenn die Karriere stockt. Gerade junge Akademiker erleben das relativ häufig, weiß Anne Hacket: "Der Berufseinstieg von Hochqualifizierten läuft nicht selten unrund", so die Soziologin. Selten erzielt man mit raschen Wechseln mehr als jemand, der einem Unternehmen treu geblieben ist. Denn wer vom Start weg eine Arbeit findet, bei der Aufgaben, Perspektiven und Unternehmen stimmen, dessen Gehalt wird sich in der Regel schnell verbessern - auch wenn es am Anfang relativ niedrig war.

Alex Gerritsen, Computer Futures: "Alle fünf bis acht Jahre sollte man Job und Umfeld wechseln."
Alex Gerritsen, Computer Futures: "Alle fünf bis acht Jahre sollte man Job und Umfeld wechseln."

Die Bereitschaft, den Job und den Wohnort zu ändern, ist in den ersten Berufjahren am höchsten; mit zunehmendem Alter nimmt sie ab. "Nach fünf bis acht Jahren sollte man aber wechseln: Firma, Standort, Umfeld", empfiehlt Alex Gerritsen, Geschäftsführer der Personalberatungsfirma Computer Futures Deutschland. Eigene Kinder, der Job des Partners, ein eigenes Häuschen oder pflegebedürftige Eltern zählen dann jedoch oft mehr als der nächste Karriereschritt. "Man muss sich entscheiden, was mehr Bedeutung hat: der Standort oder die berufliche Tätigkeit und die eigene Weiterentwicklung", sagt Anita Lauter, Personalleiterin von PC-Ware. Das Gehalt ist dabei nur ein Aspekt: Auch Qualitäten wie Arbeitsbedingungen, Arbeitsgestaltung oder Arbeitsplatzsicherheit seien wichtig, betont die Soziologin Hacket: "Wenn die Menschen nur nach dem Einkommen entscheiden würden, gäbe es sehr viel höhere Mobilitätsraten."