Cloud Computing

Nicholas Carr über den "Big Switch"

17.11.2008
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.

Anbieter, Infrastruktur, Anwendungen und die IT-Abteilung

CW: Wieviel Sorgen sollten sich CIOs darüber machen, dass Microsoft, Google und andere Schwergewichte die Cloud zu dominieren versuchen?

CARR: Wenn wir nach vorn schauen und versuchen, die letztliche Struktur der Cloud beziehungsweise der Computing-Utility-Industrie vorherzusagen, sind viele Fragen offen. Was die Infrastruktur-Seite betrifft, wird das auf jeden Fall ein sehr kapitalintensiver Betrieb. Firmen wie Google oder Microsoft investieren jedes Jahr Milliarden von Dollars. Ich glaube daher, dass aufgrund der nötigen hohen Investitionen in diese Netze es nur eine relativ kleine Anzahl von Lieferanten geben wird, die es sich leisten können, diese auszubauen.

Das lässt schon per se einige Warnlichter angehen. Eine andere Frage ist allerdings die nach den Diensten, den Anwendungen, die auf der Infrastruktur aufsetzen. Wird das ein separates Business mit vielen konkurrierenden Anbietern bleiben? Oder werden die Googles dieser Welt sich diese Applikationen ebenfalls einverleiben?

CW: Heißt das, es wird nur wenige Anbieter geben, die die Macht über sowohl die Infrastruktur als auch die Anwendungen haben?

CARR: Das weiß ich wirklich nicht. Hierbei wird Regulierung eine Rolle spielen - und auch die Fähigkeit einer Firma wie Google, Innovationen zu liefern, die für Unternehmen attraktiv sind, was bislang kaum der Fall war.

CW: Wie können denn CIOs den "Big Switch" schaffen, ohne ihre IT-Abteilungen zu dezimieren und ihren eigenen Job zu gefährden?

CARR: Einer der Vorteile der Cloud ist, dass sie damit nicht nur ihre Investitionen in IT, sondern auch die Mannstärke ihrer IT-Abteilung reduzieren können. Wäre das nicht der Fall, wäre sie nicht so attraktiv, einfach weil die Personalkosten ein so großer Block der IT-Gesamtkosten sind. CIOs sollten sich vorausschauend mit der Tatsache abfinden, dass dies möglicherweise ein Schrumpfen ihres Königreiches bedeutet.

Der positive Aspekt davon ist auf der anderen Seite, dass mit sinkendem Headcount ihre Sichtbarkeit und Bedeutung für das Business vielleicht steigt, wenn sie sich weniger um die Verwaltung von Maschinen, Applikationen und Lizenzen kümmern müssen und stattdessen stärker auf die Geschäftslogik fokussieren können. Wenn Sie allerdings denken "Ich kann nur etwas machen, bei dem ich meine bestehende Truppe behalte oder vergrößere", dann werden sie mit der Cloud vermutlich sehr schnell auf Hürden stoßen.

CW: Einige, vor allem große Unternehmen behalten, obwohl sie ihren IT-Betrieb ausgelagert haben, Outsourcing-Relationship-Manager und Business Analysts im Hause, die weiterhin mit den Endanwendern bei deren Bedürfnissen arbeiten. Glauben sie, dass sich dieses Modell auch auf die Cloud übertragen lässt?

CARR: Ich denke ja. Bei sehr einfacher Betrachtung ist Cloud Computing eine Form von Outsourcing, bei der man externe Dienstleister nutzt. Und es wird aus meiner Sicht auch vergleichbare Auswirkungen auf IT-Shops haben. Es wird eine Art Broker für Informationssysteme geben, der - ähnlich denen, die Outsourcing-Beziehungen verwalten - herausfindet, wie wir unsere Systeme, Anforderungen und Applikationen auf die Cloud-Anbieter verteilen.

Man braucht auch zukünftig jemanden, der die Verbindung zwischen dem Business und der Applikation herstellt. In einem radikalen Szenario könnte so jemand allerdings auch außerhalb der IT-Abteilung ins Business selbst wandern.

CW: Das ist doch in einigen Unternehmen schon geschehen?

CARR: Richtig.