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Nice Guy für widrige Zeiten

13.02.2003
Von Kai-Uwe Ricke
Jung und nett: zwei auf den ersten Blick eher zweifelhafte Attribute für einen Manager, der auf dem Chefsessel von Europas größtem Telefonkonzern Platz genommen hat. Kai-Uwe Ricke tritt bei der Deutschen Telekom in große Fußstapfen - nicht nur in die seines Vaters.

Telekom-Interims-Vorstandschef Helmut Sihler fand, als er Mitte November den Stab an Kai-Uwe Ricke übergab, die passenden Worte. Ricke sei, so der 72-jährige Ex-Henkel-Manager, der im Juli kurzerhand für den geschassten Ron Sommer eingesprungen war, „vielleicht sehr jung, was aber ein Fehler ist, der ständig besser wird.“

Mit dieser launigen Reaktion auf die Außenwirkung des 41-jährigen Sohns des früheren Telekom-Chefs Helmut Ricke traf Sihler genau auf den Punkt. Denn Ricke hätte sich zum Start wahrlich eine bessere Presse wünschen können. Von einer „Notlösung“ und einem „Kompromisskandidat“ war die Rede, nachdem sich Sihler und Aufsichtsratschef Hans-Dietrich Winkhaus bei der Suche nach einem Nachfolger für Ron Sommer alles andere als mit Ruhm bekleckert hatten. Reihum sollen sie sich bei Wiedeking, Zumwinkel, Middelhoff, & Co. Körbe geholt haben - und so muss die von Anfang an gehandelte „interne Lösung“ unter den machbaren Umständen als die beste gelten.

Gesellenbrief bei Talkline 

Fest steht: Der in Krefeld geborene Vater zweier Söhne durchlief die Stationen seiner bis dato beeindruckenden Karriere im Sauseschritt. Nach Banklehre und Studium an der European Business School auf Schloss Reichartshausen startet er als Vorstandsassistent bei der Bertelsmann AG.

1990 wird Ricke im Alter von 29 Jahren in die Geschäftsführung des Mobilfunk-Providers Talk-line berufen - zu einer Zeit also, in der sein Vater als Vorstandschef (bis 1994) der eben erst teilprivatisierten Deutschen Bundespost Telekom versucht, den öffentlichen Fernmelderiesen in Richtung Wettbewerb zu trimmen.

1995 steigt Ricke zum Sprecher der Geschäftsführung von Talkline auf, einem Unternehmen, das er in der Folge zur unumschränkten Nummer zwei der deutschen Service-Provider-Zunft ausbaut. Nach einem Streit mit dem Talkline-Gesellschafter Tele Danmark wechselt er Anfang 1998 zur damaligen Telekom-Tochter DeTeMobil. Im Februar 2000 übernimmt er den Vorstandsvorsitz der neu gegründeten T-Mobile International AG, im Mai desselben Jahres wird er in den Konzernvorstand berufen.

Geholt wurde Ricke übrigens von seinem Vorgänger Sommer. Auch das hat ihm den Start als Vorstandschef alles andere als erleichtert - galt er doch als Zögling und ausführendes Organ des „Sonnenkönigs“, der die Telekom mit einer waghalsigen Expansionsstrategie (Stichwort: Voice-stream) in eine wirtschaftliche und womöglich auch strategische Schieflage gebracht hat. Doch den passionierten Segler ficht auch dieser Gegenwind nicht an: Ricke will, das hat er deutlich gemacht, an der grundsätzlichen Ausrichtung des Bonner Carriers nichts ändern. Wohl aber am Führungsstil, denn Ricke gilt - anders als Sommer - intern nicht als schwer zugänglicher Rambo, sondern als behutsamer Konsolidierer und Diplomat. Ein „Nice Guy“ sozusagen, der zuhören und, bevor er Entscheidungen trifft, den Teamplayer herauskehren kann.


Zur Person

Mangelndes Selbstbewusstsein kann man Kai-Uwe Ricke wahrlich nicht unterstellen. Bei seiner „Amtseinführung“ vor wenigen Wochen richtete der neue Konzernchef eine pointierte Grußadresse an alle Journalisten: „Ich bin nicht der Erfüllungsgehilfe eines anderen, nicht der Mann einer Fraktion, nicht der Mann eines Unternehmensteils. Ich bin ich.“