Mit NX-OS für das virtualisierte Rechenzentrum

Nexus: Cisco stellt seine nächste Switch-Generation vor

28.01.2008
Der Netzriese Cisco Systems hat seine neue Switch-Generation "Nexus" vorgestellt. Sie soll den Ansprüchen virtualisierter Rechenzentren für die nächsten Jahre genügen.

Anders als bisher üblich stellt Nexus eine einheitliche Plattform für die Datenströme von Rechnern und Storage im Rechenzentrum zur Verfügung und bietet dazu noch integrierte Sicherheitsfunktionen. Cisco hat in die Nexus-Entwicklung etwa 250 Millionen Dollar investiert; in der Spitze arbeiteten mehr als 500 Mitarbeiter an den Systemen (die für den Hersteller von ähnlich großer Bedeutung sein dürften wie die 1999 erstmals vorgestellte Switch-Familie "Catalyst 6000").

Entsprechend eindrucksvoll sind die Ergebnisse:

  • Ein einziges Nexus-Chassis kann bis zu 15 Terabit pro Sekunde Traffic verarbeiten. Zum Vergleich: Ein aktueller Catalyst 6500 schafft "nur" 2 Tbps.

  • Bei diesem Durchsatz könnte der Switch fünf Millionen gleichzeitige transkontinentale Conferencing-Sitzungen über Ciscos "Telepresence" verarbeiten oder das gesamte suchbare Internet innerhalb von siebeneinhalb Minuten kopieren.

  • Ein Interface-Modul für das Chassis "Nexus 7000" ist mit 32 10-Gigabit-Ethernet-Ports bestückt. Zukünftig sollen auch schnellere Schnittstellen wie 100-Gbps-Ethernet unterstützt werden.

Die Nexus-Linie wurde wie die Catalyst-6000-Familie und auch der 2004 vorgestellte Telco-Router "CRS-1" mit Blick in die Zukunft entwickelt. Sie verwendet erstmals ein vollständig virtualisierbares Betriebssystem namens "NX-OS". Außerdem arbeitet Nexus mit einem Lossless Switching Fabric und wendet sich damit vom traditionellen Ethernet ab (auch wenn es abwärtskompatibel ist), das Paketverluste toleriert.

Cisco setzt mit Nexus zudem auf den noch im Entstehen befindlichen Standard FCoE (Fibre Channel over Ethernet), der herkömmliche Fibre-Channel-Datenströme von Speichersystemen über Ethernet transportiert. Mit Rückendeckung von Cisco und anderen Branchenschwergewichten dürfte sich FCoE durchsetzen. Bis Anwender ihre Storage-Datenströme Ethernet anvertrauen und die große installierte Fibre-Channel-Basis eventuell abgelöst ist, dürfte aber einige Zeit ins Land gehen.

Was Cisco - wie schon beim CRS-1 - natürlich einkalkuliert hat. Das erste Nexus-Produkt soll im zweiten Quartal 2008 auf den Markt kommen. Im ersten Jahr danach erwartet Cisco zunächst vor allem Tests. Echte Deployments werden nach Einschätzung von Jayshree Ullal, Senior Vice President der Data-Center-Sparte von Cisco, erst im zweiten, dritten und vierten Jahr nach der Nexus-Einführung passieren. Zu den ersten Testern gehört Microsofts Online-Sparte MSN. Und Ullal hofft, dass auch Google sich die nächste Cisco-Generation näher anschaut.

Ein Nexus 7000 ist ab 75.000 Dollar zu haben. Ullal schätzt den Preis einer typischen Konfiguration aber eher auf 200.000 Dollar. Anfänglich dürften Nexus-Switches auch nach Ciscos Einschätzung zunächst den Kern von Data Centern bilden, die für Server und Storage noch getrennte Netze nutzen. Erst wenn FCoE sich in Speichern durchsetze, könne Nexus zur einheitlichen Connectivity-Plattform werden, räumt die Cisco-Frau ein.

Das Betriebssystem NX-OS kann einen Nexus-Switch in mehrere logische Switches verwandeln, die vollständig voneinander unabhängige Aufgaben erledigen, so Ullal weiter. Ein solcher logischer Switch könnte beispielsweise die Massenspeicher bedienen und entsprechend von Storage-Spezialisten administriert werden, so Ullal. Ein weiterer könnte Server verbinden und von einer anderen Mannschaft bedient werden, ein dritter beispielsweise als Testumgebung dienen. Alle würden sich dabei ein Switching-Fabric und redundante Stromversorgung teilen, was Vorteile bei der Leistung, Skalierung und Stabilität biete. Diese virtualisierte Architektur soll später auch in anderen Cisco-Produktlinien Einzug halten.

Bislang können Systemverwalter von vollständig virtualisierten Rechenzentren allerdings nur träumen, gibt der Yankee-Group-Analyst Zeus Kerravala zu bedenken. "Wir beginnen gerade erst mit den ersten Schritten des virtuellen Data Center", sagt der Experte. "Das dauert vermutlich noch mindestens zwei Jahre." Wofür sich Cisco schon jetzt in Position bringt und bestens positioniert sieht - schließlich sei es das Netz, das alle Geräte im Rechenzentrum berühre und verbinde, so Ullal und andere Cisco-Manager.

"Für Cisco ist es absolut kritisch, dass diese Plattform die Startrampe für den Weg weiter nach oben im IT-Stack wird", bilanziert Cindy Borovick vom Marktforschungsunternehmen IDC. Die Übernahme der Kontrolle über das Rechenzentrum werde aber kein Spaziergang werden. "Cisco ist in einer sehr starken Position. Aber es gibt andere sehr große Anbieter, die um die Bedeutung des Data Center wissen und die nötigen Dollars für Forschung und Entwicklung investieren wollen", sagt die Analystin und verweist hierzu unter anderem auf die IBM und Sun Microsystems. Und zu Ciscos Leidwesen kauften RZ-Verwalter auch nur zu gern das beste von vielen Herstellern, statt auf nur einen Lieferanten zu standardisieren, weil sie die "Kronjuwelen" des Unternehmens verwalteten, so Borovick. (tc)