Newcomer in Deutschland

Newcomer in Deutschland DSA: Mit Archivierung zum weltweiten Höhenflug ansetzen

19.03.1999
Von Beate Kneuse* HÜRTH - Digitale Archivierungssysteme rücken immer mehr in den Blickpunkt des Interesses - und damit die Unternehmen, die sich diesem Marktsegment verschrieben haben. Zu ihnen zählt die DSA Digitale Systeme für Archivierung GmbH in Hürth bei Köln. Im Oktober 1993 gegründet, arbeiten sich die Rheinländer mit Dienstleistungen sowie Lösungen still und heimlich in Europa und mittlerweile auch in den USA voran.

Er ist zwar erst 27 Jahre alt, doch zu den "jungen Wilden", die seit einiger Zeit in Deutschland auch in der IT-Branche für Furore sorgen, will sich Olaf Schmitz, Gründer und Lenker von DSA, nicht zählen. "Mein Arbeitsstil entspricht eher einem Mittvierziger. Mit elf Jahren Geschäftsführer-Erfahrung treffe ich keine Entscheidungen mehr aus dem Bauch heraus", erklärt er selbstbewußt. So läßt er sich beispielsweise in puncto Börsengang nicht drängen. Obwohl die Deutsche Venture Capital Gesellschaft (DVCG), die seit 1997 an seiner Company beteiligt ist, das Unternehmen gerne so schnell wie möglich am Neuen Markt sehen würde, hält Schmitz die Risikokapitalspezialisten der Deutschen Bank auf Abstand: "Ich möchte in den kommenden zwei oder drei Jahren erst unsere Produktpalette, die internationale Präsenz sowie unsere Auftragslage so ausbauen, daß wir für den zu erwartenden Boom im Markt bestens gerüstet sind." Dieser wird, wie der "Jung-Unternehmer" die Einschätzung der meisten Branchenkenner teilt, erst kommen, wenn die Euro- und Jahr-2000-Problematik bei den Anwenderfirmen bewältigt ist.

Daß die wichtigsten deutschen Wettbewerber SER Systeme und CE Computer Equipment bereits börsennotiert sind und mit ihrem Going Public ordentlich Kapital an Land zogen, beeindruckt den im norwegischen Sand aufgewachsenen DSA-Chef nicht. "SER hat zwar ein Superprodukt, das alleine aber reicht nicht. Die haben ihre gesamte Aufbauphase noch vor sich, sei es in Sachen Internationalisierung, Produktpalette oder Marketing."

Starker Tobak von einem Newcomer. Tatsächlich aber hat Schmitz sein Unternehmen, das 1999 mit rund 230 Mitarbeitern einen Umsatz von knapp 30 Millionen Mark, davon schon elf Millionen Mark im Ausland, anpeilt, geradezu akribisch aufgebaut. Eine Banklehre, die er nach seinem Abitur absolvierte (siehe Kasten "Unternehmer mit Leib und Seele"), um sich betriebswirtschaftliches Wissen anzueignen, brachte ihn auf die Idee, sich mit der elektronischen Archivierung von Dokumenten zu befassen. "Die Banken hatten große Probleme, ihre Papierberge zu bewältigen. Doch die damals verfügbaren Archivsysteme waren nicht das Nonplusultra." Schmitz erstellte einen Business-Plan, der darauf abzielte, europaweit einen Scannerservice anzubieten. "Die Idee war, die Akten beim Kunden abzuholen, sie zu scannen und zu indizieren und sie ihm auf CD-ROM oder einem anderen digitalen Medium passend für sein System zurückzuliefern."

Noch heute ist dieser spezielle "Mediaservice" mit einem Umsatzanteil von 70 Prozent das Kerngeschäft der Hürther. Doch die Kunden fragten immer mehr auch nach Archivierungssoftware nach. Mit einer entsprechenden Eigenentwicklung hatte der rührige Unternehmer jedoch nichts im Sinn. Dies hätte, so Schmitz, "viel zu lange gedauert". Seine Lösung sah anders aus: Mitte 1995 kaufte DSA die in Bad Honnef ansässige Imageware Informations- und Archivsysteme GmbH - ein Deal, der dem Unternehmen das Dokumenten- Management-System "Archibald" bescherte. Das modular aufgebaute Client-Server-System gestattet Großunternehmen laut DSA nicht nur die Archivierung ihrer Daten in Eigenregie, sondern auch das entsprechend schnelle Finden von Informationen quasi auf Knopfdruck.

Die Referenzliste der Rheinländer ist längst üppig bestückt. Dort finden sich namhafte Kunden wie die Chemiekonzerne Bayer, BASF und Hoechst, der Handelsriese Metro, T-Mobil, das Deutsche Rote Kreuz sowie zahlreiche Banken und Versicherungen. Mit dem Ausbau besagter Geschäftsaktivitäten begann zudem die Internationalisierung. Noch im Jahr der Imageware-Übernahme eröffnete DSA die erste Auslandsfiliale in Großbritannien, 1996 kamen in rascher Folge Büros in Griechenland, Italien, Norwegen und Frankreich hinzu, 1997 Vertretungen in Polen, Moskau und in der Schweiz. Seit einigen Monaten arbeitet man auch an einem Konzept, den US-Markt zu erschließen.

Da diese rasche Expansion finanziert sein wollte, machte sich Schmitz auf die Suche nach einem Geldgeber. An die 40 Beteiligungsgesellschaften schrieb er an, darüber hinaus auch die klassischen Venture-Capital-Spezialisten. Mit drei Interessenten nahm er schließlich Verhandlungen auf und entschied sich im März 1997 letztlich für den VC-Ableger der Deutschen Bank. Wo immer ich im Ausland mit den dortigen Banken über die Finanzierung der Filialen sprach und ins Spiel brachte, daß die Deutsche Bank Mitgesellschafter von DSA ist, hat mir das den Weg zur Internationalisierung geebnet", macht er den Wagniskapitalisten nachträglich ein Kompliment.

Das Risikokapital nutzte der DSA-Chef aber nicht nur zum Auf- und Ausbau der Auslandspräsenz. Schmitz war gleichzeitig bestrebt, das Spektrum seines Unternehmens weiter abzurunden. Neben der Dienstleistung und dem Archivsystem "Archibald" liebäugelte er damit, ein Massenprodukt zu entwickeln. Im vergangenen Jahr brachten die Hürther die Volltextsuchmaschine "Documind" auf den Markt - und bauen sich derzeit neben der Direktvermarktung nun auch noch ein indirektes Vertriebsstandbein auf. Für die Office- Version von "Documind", die auf bis zu 30 Arbeitsplätzen zum Einsatz kommen kann, gewann DSA beispielsweise mit CHS Electronics einen namhaften und international ausgerichteten Distributor.

Mit der Erweiterung der Produktpalette und der internationalen Expansion einher ging der Aufbau einer internen Struktur. "DSA hat heute ein perfekt ausgebautes Management", betont Schmitz stolz. Für jede Business Unit gibt es einen Verantwortlichen, dazu einen für das gesamte operative Geschäft, einen weiteren für die Deutschland-Aktivitäten und schließlich einen kaufmännischen Leiter. Der Jungunternehmer selbst hat sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, betrachtet sich nur mehr als Stratege.

*Beate Kneuse ist freie Journalistin in München.