Neuvorstellung der J-Workstations HP will Leistung und bessere Preise als SGI und DEC bieten

30.06.1995

Von Hans Willi Reichwaldt*

BRUESSEL - Hewlett-Packard (HP) stellte die neuen High-end- Workstations "J 200" und "J 210" vor. Mit zwei Prozessoren und der neuen Grafikkarte "Visualize" sollen die Systeme mehr Leistung bieten als die vergleichbaren Workstations von Digital Equipment (DEC) oder Silicon Graphics (SGI) - zu Kosten unter dem Niveau der Konkurrenz.

"Wir wachsen zweimal schneller als der Markt", erklaerte Nick Savander, Marketing-Chef Workstation Systems Europe, bei der Praesentation der neuen Modelle in Bruessel. Savander wurde nicht muede, die HP-Strategie des "Empowered Engineering" anzupreisen, mit der das Unternehmen nicht nur den Anspruch auf die Fuehrungsrolle bei Workstations und der Peripherie erhebt, sondern auch Komplettangebote fuer einheitliche DV-Anlagen und deren Support abgeben koennen will. "Wir machen keine animierten Dinosaurier" spielte er auf SGIs Mitarbeit an Steven Spielbergs Film "Jurassic Parc" an.

Die neuen Workstations der J-Klasse, die auf dem PA-RISC-Mikroprozessor "PA-7200" basieren und symmetrisches Zwei-Wege-Multiprocessing (SMP) ermoeglichen, bieten mehr Grafikleistung, unterstuetzt durch ein Bus-System, das bei einer Taktrate von 100 Megahertz 800 MB/s transportieren kann und bei 120 Megahertz gar 960 MB/s. Der bereits in den K-Servern eingesetzte Bus ist damit um den Faktor vier bis sechs schneller als das bisher im Modell "735" verwendete System.

Die Hauptplatine ist so konstruiert, dass auch die naechste Version des PA-RISC-Prozessors eingesetzt werden kann, der "PA-8000", der 1995 verfuegbar sein soll.

In der Grundkonfiguration werden die J-Modelle mit 32 MB Arbeitsspeicher (bis zu 1 GB erweiterbar), einer 1-GB-Festplatte sowie mit vier EISA- und drei High-speed-Connect-(HSC- )Steckplaetzen ausgeliefert. HSC ist eine direkte Verbindung zum neuen Bus-System der J-Workstations mit einer Uebertragungsrate von 800 oder 960 MB/s.

Als Betriebssystem wird sowohl die Version 9.05 als auch 10.0 von HPs Unix-Version "HP-UX" angeboten. Mit einem 17-Zoll-Farbmonitor kostet die J 200 rund 68000 Mark.

Um bei der Grafikleistung mit dem Marktfuehrer SGI mithalten oder ihn ueberbieten zu koennen, hat HP ausserdem die drei neuen Grafikadapter "Visualize" vorgestellt. Sie verteilen die Arbeitslast zwischen der PA-RISC-CPU der Workstation und einem PA- RISC-basierten Beschleuniger auf dem Adapter, der mit zwei Gleitkomma-Einheiten zusammenarbeitet.

Die neuen Grafikbeschleuniger werden in den Workstations der J- Klasse und in ausgewaehlten Modellen der Serie 700 verwendet. Computer mit HCRX-Grafiksubsystemen koennen mit Visualize ausgestattet werden, wobei nur die Preisdifferenz zwischen dem bisherigen und dem neuen System zu zahlen ist.

Die neuen Grafikadapter machen aber Aenderungen im HP-UX- Betriebssystem noetig, weder die Version 9.05 noch 10.0 unterstuetzen bisher die Visualize-Karten. Fuer die Version 9.05 soll bereits ab August das Update 9.07 verfuegbar sein, die geaenderte Fassung von HP-UX 10.0 wird im vierten Quartal 1995 fertiggestellt. Die Workstation-Baureihe 700 hat HP um das Einsteigermodell "712/100" (Preis 15000 Dollar mit 32 MB RAM, 1- GB-Festplatte und 20-Zoll-Farbmonitor) und das Midrange-Modell "715/100 XC" (fuer 21000 Dollar) erweitert. Die Workstation 712/ 100 leistet bei einer Taktfrequenz von 100 Megahertz 117,2 Specint92 und 144,2 Specfp92. Sie hat einen 256 KB grossen Cache und unterstuetzt bis zu 196 MB Hauptspeicher. Das Modell 715/100 XC bringt bei derselben Taktfrequenz 132,2 Specint92 und 184,6 Specfp92. Beide seien laut Herstellerangaben besonders fuer die Entwicklung technischer Software oder den Entwurf elektrischer beziehungsweise mechanischer Konstruktionen konzipiert. Anwender der Workstation-Modelle 712 und 715 haben die Moeglichkeit, per Hardwaretausch relativ kostenguenstig ihre Maschinen auf den Stand der neuen Rechner zu bringen.

Letzte Neuvorstellung war der "Windows Application Server HP 500", der im Herbst auf den Markt kommt. Mit ihm haben Unix-Anwender Zugriff auf DOS- und Windows-Programme. Im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten "Win DD" von Tektronix, "Wabi" von Sunsoft oder "Softwindows" von Insignia will HP aber mehr Leistung bei vergleichbaren Preisen liefern. "Waehrend bei den Konkurrenzprodukten spezielle Software erforderlich ist, verwenden wir nur Standardkomponenten und sind damit so schnell wie ein 486DX-PC mit einer Taktrate von 33 Megahertz", sagte Conny Gaus, European Workstation Marketing Manager. An den HP-500-Server koenne jedes X11-Terminal angeschlossen werden.

*Hans Willi Reichwaldt ist freier Journalist in Stuttgart