Neustart der Web-Agenturen

19.04.2006
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Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.

Sinnerschrader änderte bereits 2004 die Strukturen und gab sich eine neue Positionierung: "Wir mussten unser Portfolio spitzer am Markt aufstellen", berichtet Vorstand Schrader. Entscheider in den Bereichen IT und Marketing werden nun gezielter angesprochen, Sinnerschrader hat dafür vertrieblich autarke Einheiten gebildet. Dennoch haben auch die Hamburger das komplette Sortiment einschließlich Web-Analyse, Outsourcing und Online-Marketing im Angebot. Nicht nur für Schrader ist die Kommunikationskompetenz ein wichtiger Bestandteil des Geschäfts. Ohne eigenes IT-Know-how laufe jedoch nichts: "Die Vorstellung, IT komme aus der Steckdose, hat sich bei vielen Kunden wieder überholt."

Die Stabilisierung der Anbieter und der Aufwärtstrend des Segments blieben Analysten und Investoren nicht verborgen: Die Kurse von Pixelpark und I-D Media haben sich einem Mehrjahreshoch genähert, der Wert von Elephant Seven verdoppelte sich innerhalb eines Jahres, und auch die Aktien von Sinnerschrader und Syzygy haben seit dem vergangenen Herbst deutlich hinzugewonnen. Inzwischen werde sein Unternehmen sogar von Analysten zum Gespräch eingeladen, sagt ein Vorstand. Das hätte es vor drei Jahren nicht gegeben: "Man wird plötzlich wieder wahrgenommen." Und nicht nur nach den voraussichtlichen Kosten der nächsten Entlassungswelle gefragt.

Gründe für den Aufschwung

Die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Web-Agenturen haben sich in den vergangenen Jahren trotz der vermeintlichen Krise entscheidend verbessert. Matthias Schrader, Vorstandschef der Hamburger Sinnerschrader AG, teilt die positiven Einflussfaktoren in vier Bereiche auf, die er "Leitplanken" nennt:

  • Die Online-Anbindung und die PC-Verbreitung der Privathaushalte sind seit dem Jahr 2000 dramatisch gestiegen. DSL greift um sich, schnelles VDSL (für "Triple Play") wird die Branche weiter antreiben.

  • Verbraucher haben (nicht zuletzt dank Ebay) gelernt, mit dem Internet "nutzenstiftend" umzugehen. Rund die Hälfte der Deutschen kauft online ein. Händler, Banken und Touristikfirmen finden ihre Kunden vor allem im Web.

  • Die IT ist gereift, zudem ist ihr Preis gefallen. Viele Programme stehen als Open Source zur Verfügung, Bandbreite, Speicher und Server kosten nicht viel, die Tagessätze der Dienstleister haben sich stabilisiert.

  • Das Marketing hat erfolgsbasierende Online-Modelle entdeckt. "Es müssen keine Werbespots mehr vor der Tagesschau gebucht werden", sagt Schrader. Mit einem überschaubaren Budget wird gestartet, dann skalieren im Idealfall die Marketing-Ausgaben mit dem Online-Geschäft.

Unter dem Strich rechnen sich die Investitionen der Anwenderunternehmen in den Online-Kanal wesentlich schneller als noch vor Jahren. Davon wiederum profitieren die einschlägigen Dienstleister. Sie bieten inzwischen mehr an als nur bunte Bilder am Frontend: E-Business-Lösungen und Informationssysteme, kreative Dienste (teils online und offline), Marketing-Kampagnen, Betrieb und Outsourcing der Web-Infrastruktur sowie die Analyse des Nutzerverhaltens.