Neues Siemens-Modell 7755 mit Cache und Pre-Fetch

28.11.1975

CW-Bericht, Dr. G. Maurer

MÜNCHEN - Für das Siemens-System 7000 (vormals hieß es Unidata Serie 7000) wurde ein neues Modell 7755 angekündigt, das gegenüber dem bisher größten Rechner der Serie, Modell 7750, zahlreiche Verbesserungen in der Systemarchitektur und in den Leistungsdaten aufweist. Die 7755 soll vor allem gegen IBM-370-Modelle 145 und 158 konkurrieren sowie gegen Univac-Systeme 90/70 und 1100/10 und Honeywell-Rechner 66/40 und 66/60. In eindeutiger Kampfansage gegen die "Verteilte-Intelligenz-Apostel" bezeichnet Siemens das neue Modell als "Zentralen Kopf für dezentrale Intelligenz in großen Datennetzen".

615 Nanosekunden bei 16 Bytes

Zur Verbesserung der Befehlsausführungszeiten und des Datendurchsatzes ist die 7755 mit einem schnellen Pufferspeicher (Cache) ausgerüstet, der so dimensioniert ist, daß er über 90 Prozent der Arbeitsspeicherzugriffe direkt erledigen kann. Ein "Befehlsvorauslese"-Verfahren (Pre-Fetch) erhöht die Verarbeitungsgeschwindigkeit, indem während jeder Befehlsausführung bereits der nächste oder auch übernächste Befehl aus dem Arbeitsspeicher gelesen wird, so daß die Befehlslesephasen weitgehend parallel mit den Arbeitsphasen ablaufen können. Die Hauptspeicherkapazität kann stufenweise von 512 KB bis 4 MB erweitert werden (MOS-FET-Technik). Die Lesezykluszeit beträgt 615 Nanosekunden bei 16 Bytes Zugriffsbreite. Für Diagnose und Wartung gibt es einen ladbaren Mikroprogrammspeicher, wie auch Zentralprozessor und Ein/Ausgabesystem mikroprogrammiert sind.

Nach wiederholtem Fragen der Computerwoche nannte Siemens zumindest einen Preis - was bisher bei Neuankündigungen nicht üblich war: Die 7755 mit 1 MB-Hauptspeicher kostet 95 144 Mark Monatsmiete. Erste Analysen der Wettbewerber zeigen, daß das neue Siemens-Modell etwa 80 Prozent mehr Throughput leistet wie eine IBM 370/145, die in vergleichbarer Ausrüstung für etwa 80 000 Mark zu mieten ist. Die entsprechende 370/158 wiederum ist um 80 Prozent der 7755 überlegen, kostet aber 134 000 Mark Monatsmiete. Somit dürfte es den Siemens-Markt-Strategen gelungen sein, eine Marktnische bei der IBM-Konkurrenz abzudecken.

Die 7755 wurde in Siemens-Labors entwickelt, wird in Augsburg gefertigt und ist ab sofort verfügbar. Die Planungen für die noch größeren Systeme 7760 und 7770, die bei CII in Toulouse entwickelt wurden, laufen angeblich unbehelligt weiter.

Y * X = K - R + Y * S + Y * W + Y((K + R)/2) * p/12

Diese Formel erscheint erstmals in der Computerwoche - sie hat es in sich! Dipl.-Kfm. Einar Scholz, EDV/Org.-Chef der Nürnberger Lebensversicherungs-AG. und Autor der CW-Scholz-Reports, hat sie erarbeitet, um jedem Kollegen ein Instrument an die Hand zu geben, mit dem er die Frage "Miete oder Kauf?" mit den jeweilig individuellen Parametern seiner: Installation präzise durchrechnen kann (siehe Seiten 12 und 13 zum Blickpunkt-Thema dieser Woche "Miete/Kauf/Leasing"). Eines der interessanten Ergebnisse dieser "Pflichtlektüre": Es ist für IBM-Anwender absolut unsinnig, für die CPU einen Vierjahres-Vertrag abzuschließen, nur um die Mehrschichtmiete einzusparen: Kauf wäre bei solcher Langzeit-Bindung in jedem Fall günstiger. Wieder ein CW-Artikel, der auch ins Archiv gehört. -m-