Vernetzte Technologien

Neues Licht macht schlau

25.10.2013
Von Thomas Kuhn
Jahrzehntelang brachten Lampen vor allem Helle ins Dunkel. Nun aber verschmelzen Beleuchtungs- und Informationstechnologie. Die letzte analoge Technologie wird digital - und verbringt so kleine Wunder.

Sie ist die unscheinbare Schwester der eleganten Golden Gate Bridge. Doch nun stellt die Bay Bridge in San Francisco ihre berühmte Schwester allnächtlich in den Schatten. Seit Anfang März verwandelt der US-Künstler Leo Villareal die Brücke in ein riesiges Lichtkunstwerk.

25.000 Leuchtdioden an den Tragseilen machen sie zum größten Schwarz-Weiß-Display der Welt: Jetzt erstrahlen darauf Bilder und Videos von fast drei Kilometer Breite und bis zu 150 Meter Höhe. Nicht nur die Größe des Spektakels beeindruckt. Ebenso faszinierend ist, wie wenig Energie es braucht. Nur 30 Dollar Stromkosten verursacht das Lichtspiel pro Nacht.

Nutzte Villareal stattdessen Glühbirnen, läge der nächtliche Stromverbrauch 40 Mal höher: 7000 Kilowattstunden, der Energiebedarf von vier Brauereizelten an einem Oktoberfestabend. "Mit klassischen Leuchten hätten wir das Projekt weder finanzieren noch technisch realisieren können", sagte Villareal beim Start des Events.

Vom Nischenprodukt zum Allrounder

Kompakt, ausdauernd und extrem Strom sparend - damit haben die Lichtchips immer mehr Einsatzfelder erobert, von der Displaybeleuchtung im Handy bis zum markanten Tagesfahrlicht am Auto. Im Kern aber blieben LEDs Nischenprodukte. Als universelle Lichtquelle waren sie noch nicht leuchtstark genug - oder viel zu teuer.

Damit ist nun Schluss. Nach Jahren eher gemächlicher Entwicklungen durchläuft die LED-Technik jetzt Innovationsschübe, wie sie die Leuchtenindustrie nicht erlebt hat, seit Thomas Alva Edison vor gut 130 Jahren seine Glühbirne patentierte. Licht, so viel ist klar, wird gerade neu erfunden.

Vor allem, weil sich Intensität und Farbmix der stahlenden Dioden heute mit digitaler Präzision justieren lassen. Und so erschließen sie rasant neue, teils verblüffende Einsatzfelder, von denen lange niemand ahnte, dass sie je realisierbar würden: Sie werden zu Heilmitteln, die Muskelschmerz und Depressionen vertreiben, sie lindern Jetlag auf Reisen und stimulieren sogar die Konzentrationsfähigkeit. In Straßenlaternen mindern sie Lichtsmog in Städten, weil sie die Helligkeit absenken, wenn niemand unterwegs ist. Und versagt ein Schaltkreis, rufen sie selbst den Servicetechniker.

"Wir erleben den Sprung der letzten analogen Technologie aus der Industrieära ins digitale Zeitalter", sagt Fred Maxik, Gründer des US-LED-Spezialisten Lighting Science Group. Immer besser verstehen Forscher und Entwickler die Wirkweise des elektronischen Lichts. Und sie finden ständig neue, leistungsstärkere Rezepturen für den magischen Mix aus Kunststoff, Metall und Halbleitern, der die Chips zum Strahlen bringt, sobald Strom hindurchfließt.

Licht 2.0

Seit Beleuchtungstechnik und Informationstechnologie in LEDs verschmelzen, erlebt das Licht Innovationszyklen wie zuvor nur die Computerbranche. Moores Law, wonach sich die Leistung der Chips alle 18 Monate verdoppelt, oder sich ihr Preis bei gleicher Leistung halbiert, gilt nun auch für die smarten Strahler.

Mit der Folge, dass High-End-Systeme inzwischen einerseits Fußballplätze beleuchten, während andererseits erste LED-Lampen mit Schraubsockel und einer Lichtausbeute, die klassischen 40-Watt-Birnen entspricht, nicht einmal mehr zehn Euro kosten.