Neues Geld für alte Bekannte

06.11.2003
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Gerhard Holzwart begann 1990 als Redakteur der COMPUTERWOCHE und leitete dort ab 1996 das Ressort Unternehmen & Märkte.  Ab 2005 verantwortete er den Bereich Kongresse und Fachveranstaltungen der IDG Business Media GmbH und baute „IDG Events“ mit jährlich rund 80 Konferenzen zu einem der führenden Anbieter von ITK-Fachveranstaltungen in Deutschland aus. Seit 2010 ist Gerhard Holzwart geschäftsführender Gesellschafter der h&g Editors GmbH und ist in dieser Funktion als Event Producer, Direktmarketingspezialist und ITK-Fachredakteur tätig.        

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Brain, Bäurer und andere ehemalige Stars am Neuen Markt schienen nach ihren Insolvenzen für immer in der Versenkung zu verschwinden. Doch finanzkräftige Investoren halfen ihnen wieder auf die Beine. Private Equity ist "in" - in einer Branche, der es mehr denn je an Eigenkapital mangelt.

Wolfgang Kobek ist guter Dinge. Seit Dezember vergangenen Jahres amtiert er als Geschäftsführer von Brain Industries GmbH - einem Teil der vor einem Jahr insolvent gegangenen Brain International AG. Nur zwölf Monate, nachdem kaum noch jemand einen Pfifferling auf das Überleben des schwäbischen ERP-Anbieters gab, hat sich das Unternehmen wieder gefangen. Saniert wurde die Brain-Gruppe von den US-amerikanischen Finanzinvestoren Parallax Capital und Golden Gate, die Anfang 2002 die Holding Agilisys mit dem Ziel gegründet haben, diverse ERP-Anbieter aufzukaufen und zu einem weltweit tätigen Spezialisten für betriebswirtschaftliche Branchensoftware zu vereinen.

Heute ist Brain wieder im Geschäft, wenn auch in stark veränderter und abgemagerter Form, wie Kobek zugibt. "Die Kostenstruktur wurde der Umsatzentwicklung angepasst", erläutert er freimütig. Unter anderem wurde die frühere Brain-Gruppe nach der Insolvenz in zwei voneinander unabhängige Firmen aufgeteilt, in die auf Lösungen für die Automobilindustrie spezialisierte Agilisys Automotive GmbH sowie Brain Industries. Ingesamt ist die Zahl der Mitarbeiter stark gesunken. Bis auf zwei Niederlassungen sind in Kobeks Verantwortungsbereich sämtliche Dependancen geschlossen, der Fuhrpark deutlich reduziert, nicht profitable Geschäftsfelder aufgegeben und das Partnernetz ordentlich gestrafft worden. Das Resultat kann sich sehen lassen: Das Unternehmen hat laut Kobek trotz Insolvenz keinen einzigen Kunden verloren.

Ixos - ein strategisches Investment

Szenenwechsel: Vor kurzem sorgte die kanadische Software-Company Open Text für Schlagzeilen, als sie dem Münchner Archivspezialisten Ixos ein Übernahmeangebot unterbreitete. Ixos-Vorstandsvorsitzender Robert Hoog werte die Offerte öffentlich als "für die Ixos-Aktionäre sehr attraktiv". Lohnend stellte sich der Merger mit Open Text zunächst vor allem aus Sicht des größten Ixos-Einzelaktionärs dar - der US-amerikanischen Beteiligungsgesellschaft General Atlantic Partners (GAP). Sie hatte erst im Sommer vergangenen Jahres für etwa 34 Millionen Euro gut ein Viertel der Ixos-Aktien erworben. Der frühere Mannesmann-Chef Klaus Esser, der die deutschen GAP-Geschäfte leitet, sprach seinerzeit von einer "strategischen Beteiligung".

GAP wollte die Ixos-Anteile eigentlich für mindestens fünf Jahre halten, wobei Esser diese Zeitspanne schon damals nicht als "Evangelium" angesehen hatte. Vor zwei Wochen schien es zunächst so, als würden die Amerikaner schnelle Kasse machen und das Barabfindungsangebot von Open Text annehmen. Doch Esser erteilte nun im Gespräch mit der CW solchen Spekulationen eine Abfuhr: "Der Markt für Dokumenten-Management-Systeme hat innerhalb der Softwarebranche eine der größten Wachstumsraten. Wir halten diese Einschätzung und damit unseren Einstieg bei Ixos weiterhin für richtig. Deshalb wollen wir das Umtauschangebot von Open Text annehmen und, wie beabsichtigt, langfristig in diesem Markt engagiert bleiben."