Deutsches Museum der digitalen Kultur

Neues Computermuseum: Retro-Games und alte Rechner

08.02.2016
Was heute noch in jedem Haushalt steht, kann morgen schon eine gefragte Rarität sein: Kaum eine Industrie hat sich so rasant entwickelt wie die Computer-Branche. In Dortmund soll demnächst ein Museum für digitale Kultur eröffnen.

Christian Ullenboom hat einen Plan und ist drauf und dran, ihn umzusetzen: In wenigen Monaten soll das "Deutsche Museum der digitalen Kultur" in Dortmund eröffnen. An interaktiven Stationen sollen Besucher die Entwicklung des Personal Computer und die damit verbundenen - fast schon historischen - Spiele kennenlernen. "Technische Anwendungen sind für uns heute so selbstverständlich geworden, dass wir sie als solche schon gar nicht mehr wahrnehmen", sagt Ullenboom. "Meine Generation hat aber noch die ersten Heimcomputer miterlebt." In Eigeninitiative will der 42-Jährige die digitale Geschichte bewahren - und die Entwicklung aufzeigen, die vom ersten Heimcomputer zur heutigen, digitalisierten Gesellschaft führte.

Das Deutsche Museum der digitalen Kultur soll demnächst in Dortmund eröffnen.
Das Deutsche Museum der digitalen Kultur soll demnächst in Dortmund eröffnen.
Foto: Fer Gregory - shutterstock.com

Original-Reliquien der Videospielgeschichte

Dafür hat er ein altes Zechengebäude gekauft, das er derzeit instand setzen lässt. Rund 700 Exponate stehen für die verfügbaren, fast 2000 Quadratmeter parat: über 250 Spielekonsolen, 200 Heimcomputer - demnächst wird auch ein Flug-Simulator angeliefert. Ullenboom will stärker auf Original-Hardware setzen als das Computerspielemuseum in Berlin, das 1997 als weltweit erstes Museum dieser Art eröffnete.

"1958 wurde Tennis for Two entwickelt - das war das erste Videospiel. Das gibt es heute nicht mehr im Original und kann nur noch nachgebaut werden", sagt Ullenboom. Ende der 1960er folgte die "Brown Box" von Ralph Baer, die 1972 unter der Bezeichnung Magnavox Odyssey auf den Markt kam - als erste Consumer-Spielkonsole überhaupt. Es folgten Atari und Amiga, PC und Mac, die Nintendo-Konsolen und schließlich Playstation und Xbox.

Kulturgut Computerspiele

Immer wieder jedoch verschwinden Spiele in der Versenkung. Erst 2014 buddelten Filmemacher einen Schatz in der Wüste New Mexicos aus: Dort hatte Atari im Jahr 1983 seinen Game-Megaflop "E.T." vergraben - lastwagenweise. "Aus Sicht eines Computerspielehistorikers ist es zum Teil entsetzlich, was da passiert", sagt Jochen Koubek, Medienwissenschaftler an der Uni Bayreuth. Er betreut den deutschlandweit ersten Studiengang der Computerspielwissenschaften.

"Lange Zeit galten Computerspiele auch bei den Unternehmen der Branche selbst als reines Konsumgut, nicht als Kulturgut", sagt Koubek. Die Filmindustrie habe ein vergleichbares Problem gehabt: Als in den 1970er Jahren das Interesse an Filmen aus den Anfängen des Kinos aufflammte, waren viele Filmrollen bereits verrottet. Ein immenser Verlust für Fans und Wissenschaft - weil die Archivierung zu spät begann.

Classic Games & die Krux mit dem Urheberrecht

"Noch haben wir die Chance, sehr viel zu bewahren, aber im Moment ist alles vom Engagement der Fan-Szene abhängig - es ist weder systematisiert, noch wird es öffentlich gefördert", sagt Koubek. Das Urheberrecht bilde zudem für die wenigen Museen oft eine unüberwindbare Hürde. Auch in Dortmund und Berlin müssen die Museen mit jedem Rechteinhaber einzeln abklären, ob sie beispielsweise ein Spiel mit Kopierschutz von einer zerfallenden Diskette retten dürfen.

"Das ist ein extrem hoher Aufwand", sagt Andreas Lange, Gründer des Computerspielemuseums Berlin. Rechteinhaber seien häufig nicht mehr zu finden. "Verwaiste Werke" nennt das die Gesetzgebung - wenn es um Filme, Musik oder Bücher geht. "Computerspiele kommen aber im Gesetz nicht vor", sagt Lange. Mithilfe eines eigens gegründeten europäischen Verbandes für Computerspielemuseen bemüht er sich, das zu ändern. Bis die Bemühungen von Erfolg gekrönt sind, wird sich aber auch das Museum in Dortmund mit dem Urheberrecht auseinandersetzen müssen, um digitale Spielegeschichte einem öffentlichen Publikum präsentieren zu können. Im Frühjahr soll das Deutsche Museum der digitalen Kultur eröffnen. (dpa/fm)