Provider sollen Daten an Strafverfolger weiterleiten

Neuer TKÜV-Entwurf weckt Big-Brother-Ängste

23.02.2001
MÜNCHEN (CW) - Ein neuer Referentenentwurf zur Telekommmunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) sorgt für Wirbel in der Branche. Angeblich will der Staat das gesamte Internet kontrollieren. Damit würden die Kosten für Provider und Surfer steigen.

Die deutsche Bürokratie verfügt über langjährige Erfahrungen mit der Internet- und Telekommunikationsüberwachung - zumindest auf dem Papier. Bereits 1998 tauchte ein TKÜV-Entwurf auf, der allerdings wegen inhaltlicher und datenschutzrechtlicher Probleme wieder zurückgezogen wurde: Damals sollten unter anderem alle Betreiber von Nebenstellenanlagen mit mehr als 20 Anschlüssen ihre Technik für den Lauschangriff vorbereiten. Berichten zufolge betraf der Entwurf rund 400000 Firmen in Deutschland, entsprechend deutlich fiel der Widerstand aus.

Nun hat die Bundesregierung eine aufpolierte Version des alten Entwurfs auf den Tisch gelegt, die jedoch noch nicht offiziell beschlossen ist. Diesmal solle aber öffentlich darüber diskutiert werden, so das Wirtschaftsministerium.

Was dann auch prompt geschah, denn diverse Beobachter interpretierten den Vorstoß als Angriff auf die Freiheit des Internet bei gleichzeitig steigenden Kosten für Provider und folglich auch für deren Kunden.

Alle Betreiber von Telekommunikationsanlagen, die ihre Dienste der Öffentlichkeit anbieten, sollen zur Aufzeichnung und Weiterleitung der Kommunikationsdaten und Inhalte an Strafverfolger verpflichtet werden. Die Firmen müssen die benötigten Geräte bezahlen und dafür sorgen, dass Strafverfolger ihre Aufgaben binnen kürzester Zeit erledigen können.

Der Entwurf rief dann auch gleich die Internet-Service-Provider auf den Plan. Michael Rotert vom Verband Eco zeigte sich gegenüber der "Financial Times Deutschland" "schockiert", denn den Providern falle dadurch die Rolle des "Hilfssheriffs der Nation" zu. Allerdings scheint Provider nicht gleich Provider zu sein: Laut "Netzzeitung" geht Helga Schumacher, Sprecherin des Bundesdatenschutzbeauftragten, davon aus, dass nur TK-Diensteanbieter wie etwa die Telekom betroffen sind, reine Teledienste-Anbieter à la AOL hingegen nicht.

Auch gibt es im Vergleich zur Vorgängerversion von 1998 weitere Ausnahmen. Nebenstellenanlagen mit mehr als 20 Anschlüssen sind künftig ausgenommen, die Betreiber müssten lediglich bei konkretem Verdacht und nicht in vorauseilendem Gehorsam die Überwachung ermöglichen.