Carrier fürchten zusätzliche Kosten durch Überwachungsverordnung

Neuer TKÜV-Entwurf geht Anbietern zu weit

20.08.2004

Der Verordnungsentwurf sieht unter anderem vor, dass die Polizei künftig bereits zur Vermeidung drohender Straftaten vorbeugend Abhörmaßnahmen anordnen kann. Die Befugnis hierzu wird gerade in zahlreichen Landespolizeigesetzen geschaffen. "Die Überwachungsverordnung regelt hierfür jetzt nur das Verfahren", erläutert Wolf Osthaus, TK-Spezialist beim Branchenverband Bitkom, "doch sollte dies Anlass sein, die ständige Ausweitung der TK-Überwachung auch öffentlich noch einmal kritisch zu hinterfragen."

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) befürchtet in diesem Zusammenhang einen Anstieg der Überwachungen, der "nicht hinnehmbar" sei. Um bis zu 20 Prozent, so die Interessenvertretung, könnten die Lauschaktivitäten zunehmen, was eine "erhebliche Kostenbelastung" für die TK-Unternehmen bedeuten würde.

Wie Osthaus erzählt, sollen diese zusätzlich dazu angehalten werden, schneller Auskünfte zu erteilen - insbesondere auch an Wochenenden. Das bedeute ebenfalls eine Mehrbelastung, denn dazu müssten die Carrier mehr Personal einstellen.

Was wird überwacht?

Ein weiterer Kritikpunkt richtet sich gegen eine Änderung, die Überwachungen anstatt an Nummern künftig an Kennungen bindet. Hier befürchtet der Bitkom, dass damit ebenfalls eine Ausweitung der Überwachungstätigkeit angestrebt wird. Denkbar wäre beispielsweise, den Lauschangriff an die Mobilfunk-Endgerätenummer (International Mobile Equipment Identity = Imei) oder eine IP-Adresse zu koppeln. Das stehe nicht explizit im Entwurf, sei aber durchaus denkbar, so Osthaus, der diese Änderung als ein Beispiel für "Aushöhlungen" sieht, "deren Tragweite schwer zu erkennen ist".

Das betrifft auch die Forderung, den Aufenthaltspunkt einer Zielperson "mit größtmöglicher Genauigkeit" anzugeben. Eine Formulierung, die aus Sicht von Osthaus viel Raum für Interpretationen lässt. So sei es technisch möglich, mit Hilfe von Verfahren wie Triangulation präzisere Ortsangaben als bisher zu machen - bislang reichte die Nennung der jeweiligen Funkzelle aus. Die neue Technik stehe nicht explizit in dem Entwurf, erfordere gegebenenfalls aber zusätzlichen technischen Aufwand und damit weitere Kosten.

Viele ungeklärte Fragen

Während so einerseits viele Fragen neu aufgeworfen werden, bleiben andere Punkte nach wie vor ungeklärt. Beispielsweise ist noch immer kein standardisiertes Verfahren definiert, nach dem Richter Überwachungen anzuordnen haben. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Gegenwärtig findet ein Anhörungsverfahren zum TKÜV-Entwurf statt, in dessen Rahmen die Betroffenen aufgerufen sind, bis September ihren Kommentar abzugeben. "Wir hoffen auf die Bereitschaft zum Feinschliff", so Bitkom-Mann Osthaus. Die endgültige Entscheidung soll Ende des Jahres fallen.