Neuer Preiskrieg koennte in USA und Europa bevorstehen Volle Laeger: PC-Anbieter haben Nachfragerueckgang unterschaetzt

29.07.1994

MUENCHEN (CW) - PCs werden im Herbst dieses Jahres um 20 oder mehr Prozent billiger, mutmasst das "Wall Street Journal". Die Hersteller haetten die Nachfrage zu hoch eingeschaetzt und stuenden jetzt vor uebervollen Laegern und zu grosser Produktionskapazitaet. Und wenn die Lawine einmal in den USA losgetreten sei, wuerden sicher auch die Kunden in Europa davon profitieren.

"Die PC-Hersteller sind sich selbst in die Falle gegangen", schreibt das New Yorker Blatt weiter. Die harte Konkurrenz zwinge die Unternehmen, jede Bestellung sofort zu bearbeiten - sonst wendeten sich die Kunden an einen anderen PC-Hersteller. Firmen wie IBM oder Compaq, die stets in Lieferschwierigkeiten waren, haetten daraufhin zu Beginn dieses Jahres ihre Produktion erhoeht, obwohl das Ende des Booms bereits abzusehen war. Compaq produziert seit Jahresanfang 50 Prozent mehr als 1993.

In diesem Jahr wird der PC-Markt in den USA wahrscheinlich lediglich um zwoelf Prozent zunehmen. 1993 wurde laut Marktforschungsinstitut International Data Corp. (IDC) noch ein Plus von 27 Prozent erreicht.

Das "Wall Street Journal" zitiert Schaetzzahlen von Don Young, einem Analysten von Lehman Brothers. Danach sass Compaq im zweiten Quartal auf einem Lagerbestand, der einen Wert von 90 Prozent des Umsatzes aufwies. Schon im ersten Quartal waren es 63 Prozent gewesen. IBM musste in den letzten Monaten die Preise senken, weil im Lager PCs im Wert von 480 Millionen Dollar standen. Davon sind heute noch immer Geraete fuer 120 Millionen Dollar uebrig.

Eine andere Sicht der Dinge praesentiert der Vice-President Marketing des PC-Herstellers Packard Bell, Mal Ransom. "Ich wuesste nicht, wer eine neue Runde im Preiskrieg ausloesen sollte." Seiner Meinung nach werden die Hersteller wie bisher reagieren und die Ausstattung der Geraete verbessern, um den Preis stabil halten zu koennen. Doch dieser Strategie sind Grenzen gesetzt: Firmen wie Gateway 2000 bauen heute bereits fast in jeden PC ein CD-ROM- Laufwerk, 8 MB Arbeitsspeicher und eine 500-MB-Festplatte ein.

Auch die Prozessorhersteller tragen ihr Scherflein zum Preiskrieg bei: Intel wird den Pentium-Chip verbilligen - bis Jahresende auf die Haelfte des heutigen Preises, schaetzt Kimball Brown vom Marktforschungsinsitut Dataquest. Doch der Schuss koennte nach Ansicht von Marktkennern nach hinten losgehen, wenn die Anwender keinen Grund sehen, einen Pentium-PC zu kaufen und sich mit einem 486-Prozessor begnuegen.