IT im Anlagen- und Maschinenbau/Jungheinrich AG: Zentrales Backup für heterogene Daten

Neuer Job für den Mainframe

19.04.2002
Die IT der Hamburger Jungheinrich AG, Hersteller von Transportsystemen, ist ein trickreiches Nebeneinander von Mainframe und offenen Systemen. Ein OS/390-System verarbeitet SAP R/2-Module und übernimmt zudem den Datentransport auf das Backup-System. Der Clou: Es funktioniert unabhängig vom Local Area Network (LAN) für Daten aus Mainframe- und NT-Anwendungen, die sich auf Symmetrix-Speicherlösungen als Kern eines Speichernetzes stützen. Von Rolf Hoerner*

Die Entwicklung der IT bei Jungheinrich von einer reinen Mainframe-Umgebung zu einer im Wesentlichen auf Windows NT basierenden Architektur darf als typisch für ein Industrieunternehmen gelten. Seit langem SAP-Anwender, betrieben die Hamburger Maschinenbauer eine reine R/2-Umgebung auf einem OS/390-System. Die stufenweise Ablösung des Mainframes durch eine NT-Architektur, ein Enterprise Storage Network (ESN) und SAP R/3 begann im Jahr 1998. Schon seinerzeit setzte Jungheinrich eine Symmetrix-Speicherlösung ein, da sie die Option auf den abzusehenden R/3-Umstieg bot. Zudem war die EMC-Umgebung auch hinsichtlich ihrer Software für die großen Datenmengen gerüstet, die mit dem SAP-Einsatz unter NT verbunden sind. Laut Olaf Achterberg, Gruppenleiter Rechenzentrum bei Jungheinrich, war es die zentrale Aufgabe, den Umstieg auf die neue ERP-(Enterprise-Resource-Planning-)Anwendung und das Speichernetz mit dem weiteren Einsatz bereits vorhandener Systeme und Verfahren sowie eines eingespielten Mitarbeiterstabes zu verbinden. Neben dem Mainframe sollte auch die bewährte robotergesteuerte Band-Bibliothek als Backup-Lösung in eine hochverfügbare und skalierbare IT-Umgebung integriert werden.

Achterberg begründet die Entscheidung für das EMC-Konzept eines Speichernetzes so: "Wir haben uns für das ESN entschieden, weil es in Hard- und Software höchste Verfügbarkeit und Performance bietet und zudem flexibel ausbaufähig ist. Im Rahmen unseres R/3-Projektes mit der Integration von Mainframe und Backup-Lösung gab es dazu keine Alternative." Die neue Speichertechnologie sollte alle Geschäftsprozesse unterstützen und den unterbrechungsfreien Betrieb bei Anbindung internationaler Standorte gewährleisten.

Das Speichernetz, wie es seit März 2000 installiert ist, stützt sich auf Symmetrix-Systeme der Typen 8730 und 5830 mit einer nach RAID1 gespiegelten operativen Speicherkapazität von insgesamt mehr als 8 Terabyte. Zwei Connectrix-Systeme als zentrale Netzkomponenten bilden das verbindende Rückgrat. Sie fassen alle Verbindungen zwischen den Symmetrix-Systemen und den Servern zusammen. Die Connectrix basiert auf Fibre Channel (FC) als Verbindungstechnologie, ist vollständig redundant ausgelegt und sichert neben hohen Bandbreiten im Datendurchsatz die Ausfallsicherheit des gesamten Speichernetzes.

Die 55 NT-Server vom Typ Compaq Proliant operieren als plattenlose Systeme, die über die Symmetrix gebootet werden. Ein Server-Ausfall ist in dieser Konzeption schnell zu beheben. Es würde ein baugleicher Rechner angeschlossen und die entsprechenden Platten zugewiesen.

Dass die Softwarefunktionalität heute den Nutzwert einer Speicherlösung bestimmt, ist bekannt, auch wenn dies nicht in jedem Speichernetz-Konzept umgesetzt wird. Im ESN von Jungheinrich regelt EMC-Software den Datenverkehr, die Backup-Funktionen sowie das zentrale und damit effiziente Management des Netzes. So steuert Volumelogix die Verbindung zwischen NT-Servern und der Speicherlösung. Die Software bestimmt, welcher Server seine Daten auf welche Platte schreibt. In der Praxis kann man diese Funktion mit der der Zentraleinheit einer komplexen Telefonanlage vergleichen. Es wird für die Codes der Server eine Datenbank angelegt; anhand dieser Codes lassen sich die Server identifizieren und unkontrollierte Zugriffe verhindern.

Die Software "Timefinder" trennt Datenbestände ab und stellt sie für eine asynchrone Sicherung zur Verfügung. Die Anwendungen bleiben dabei im operativen Betrieb. Neben dieser Backup-Funktion können mit den aktuellen Beständen beispielsweise Testläufe neuer Software-Releases gefahren werden. Bei Jungheinrich hat Timefinder eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit der Mainframe-Integration.

Das EMC Control Center (ECC) bildet schließlich die zentrale Management-Plattform des Netzes. Informationen über den Status aller Komponenten laufen hier zusammen, was den Aufwand für die Administration des komplexen Speichernetztes und dessen Betriebskosten deutlich reduziert.

Im März des Jahres 2000 ging SAP R/3 in den operativen Betrieb. Die darunter liegende Datenbank hat ein Volumen von rund 200 GB. Backup- und Restore-Zeiten dieses Datenvolumens konnten minimiert werden. Achterberg: "Die Zusammenarbeit zwischen den Fachleuten von EMC und unseren Mitarbeitern funktioniert sehr gut. Das gilt für den gesamten Umstellungsprozess auf SAP R/3, der ja noch nicht beendet ist, und besonders für die komplexeren Aufgaben während der ESN-Einführung. Ein Beispiel hierfür ist die Realisierung des Backups über unseren Mainframe."

Im Backup-Konzept der Hamburger spielen die Software Timefinder und der Comparex-Mainframe M2000 eine zentrale Rolle. Die Symmetrix-intern nach RAID1 gespiegelten Daten aus den NT- und OS/390-Anwendungen werden nochmals kopiert, abgekoppelt und dem Mainframe zur Verfügung gestellt. Der Mainframe betrachtet die so gezogenen Datenvolumina schlicht als lokale Platten und sichert sie auf Band.

NT-Umgebung bleibt unbeeinflusstFür dieses Verfahren setzt Jungheinrich zwei Applikationen des Softwarehauses Innovation Data Processing ein, die direkt mit den Symmetrix-Systemen zusammenarbeiten. Das Programm FDRSOS sichert Mainframe-Daten kompletter Platten über Escon-Verbindungen auf die Bänder des Roboter-Systems. Die NT-Umgebung und das LAN bleiben davon unbeeinflusst. Mit der Sicherungs-Applikation FDR/Upstream/SOS werden NT-Daten vom Mainframe auf die Bänder gesichert. Diese Backups laufen auf File-Ebene. Während die Dateien ebenfalls über direkte Verbindungen zwischen Mainframe und Bandroboter gesichert werden, transportiert die Lösung die begleitenden File-Informationen über das operative Netz.

Für die Mainframe-Integration, wie sie bei Jungheinrich gelungen ist, zeigen mittlerweile auch andere Anwender Interesse. Sie setzen in der operativen IT auf offene Systeme, wollen aber gleichzeitig ihre Großrechner und bewährten Backup-Routinen auf Bandroboter weiter einsetzen.

"Jeder Fachmann wird bestätigen, dass ein R/3-Projekt unserer Größenordnung eine sehr aufwändige Sache ist. Mittelfristig werden wir mit allen Anwendungen auf NT umsteigen", so der Gruppenleiter. Als problemlos arbeitende "Datenschaufel" kann laut Achterberg der Mainframe weiterhin gute Dienste leisten.

Der Umbau der IT der Jungheinrich AG wird mit der R/3-Umstellung in der Hamburger Zentrale nicht beendet sein. 22 ausländische Vertriebsfirmen arbeiten derzeit noch mit einer individuellen Software auf AS/400-Systemen, die nach und nach vom zentral betriebenen R/3 abgelöst wird. Mit dem Abschluss dieser Aufgabe werden rund 1200 zusätzliche Anwender die Lösung einsetzen.(bi)

*Rolf Hoerner ist freier Journalist in Karben.

Das ProjektDie Anforderungen:

- Umstellung auf Windows NT im Rahmen eines SAP R/3-Projektes bei gleichzeitiger Nutzung des vorhandenen Mainframes;

- Sicherstellung des Betriebs rund um die Uhr bei Integration internationaler Standorte;

- Umsetzung eines zuverlässigen Backup-Konzeptes, bei dem der Mainframe als Backup-Server für heterogene Daten fungiert.

Die Lösung:

- Installation eines ESN auf Basis von Symmetrix-Systemen, der Speichersoftware von EMC und Fibre-Channel-Verbindungen;

- Integration des Mainframes in eine hochverfügbare Backup-Lösung, die Daten Offener Systeme mit Hilfe der Software FDRSOS unabhängig vom Server-Betriebssystem auf Bänder sichert.

Die Jungheinrich AGDer Jungheinrich-Konzern ist einer der international führenden Anbieter in den Bereichen Flurförderzeug-, Lager- und Materialflusstechnik. Im vergangenen Jahr liefen rund 64000 Transportgeräte vom Band, man erwirtschaftete damit einen Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro. Weltweit beschäftigt Jungheinrich über 9200 Mitarbeiter, die Hälfte davon in den ausländischen Niederlassungen. Vier europäische Fertigungsstandorte bilden einen Produktionsverbund, der ein konsequentes Plattformkonzept umsetzt.