John Akers ist nun offiziell ausgeschieden

Neuer IBM-CEO Gerstner stellt sich erstmals den Aktionaeren

07.05.1993

Nachdem Gerstner am 1. April 1993 offiziell den CEO-Posten bei IBM angetreten hatte, war sein glueckloser Vorgaenger Akers vom Headquarter in Armonk in die Niederlassung nach Stamford gewechselt. Von dort aus, so teilte ein Sprecher mit, stand er seinem Nachfolger in den vergangenen Wochen beratend zur Seite.

Nun aber hat Akers das Kapitel IBM endgueltig abgeschlossen und dem Computerriesen den Ruecken gekehrt. Er beabsichtige, gab er bekannt, sich fortan persoenlichen Interessen zu widmen.

Derweil galt es fuer Gerstner, die verstimmten Aktionaere angesichts der finanziellen Misere des Mainframe-Monopolisten zu beschwichtigen. Auf die noch unvoreingenommene Haltung seiner Zuhoerer bauend, die jedem Hoffnungstraeger in der Schonzeit zuteil wird, erbat der ehemalige Nabisco-Topmanager von den IBM-Anlegern erst einmal ein gehoeriges Mass an Geduld. "Ich habe zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Antworten fuer Sie. Fest steht aber, dass wir keine schnelle Beseitigung der Missstaende erwarten koennen", entschuldigte sich Gerstner gleich zu Beginn.

Louis Gerstner deutet weitere Entlassungen an

Man werde sich fuer den Rest des Jahres darauf konzentrieren, das Unternehmen zu straffen, strategische Prioritaeten zu setzen, organisatorische Aenderungen im Hinblick auf diese Strategien vorzunehmen sowie die Kundenorientierung zu verstaerken. Auch machte Gerstner keinen Hehl daraus, dass es schwierig werde, diese Vorstellungen umzusetzen, deutete weitere Entlassungen an, aber auch den Verkauf von Geschaeftsbereichen.

Obwohl der IBM-CEO den anwesenden Aktionaeren mit seinen Ausfuehrungen keine Neuigkeiten praesentierte, war einem Bericht der CW-Schwesterzeitung "Computerworld" zufolge der seit langem mit Big Blues Wohl und Wehe befasste Analyst Rick Martin von seiner Ausstrahlung beeindruckt. Die blosse Anwesenheit Gerstners habe den Anlegern mehr vermittelt, als er dies mit noch so vielen Worten haette erreichen koennen. "Schliesslich weiss jeder, woran es bei der IBM krankt", so Martin woertlich. "Deshalb braucht das Unternehmen keine Strategie, sondern einen Aussenseiter, der die ueberholte Unternehmenskultur aufbricht und die von Akers bereits ausgearbeitete Strategie umsetzt."

Input-Analyst J.P. Richards indes bemaengelte, dass Gerstner nichts von einer Aufteilung der Vertriebsmannschaft erwaehnte. Gerade starke Business Units, wie etwa die Outsourcing-Division Integrated Systems Solutions Corp., koennten wesentlich effektiver arbeiten, wenn sie ihr eigenes Vertriebsteam haetten. "Das Modell ,ein Unternehmen, eine Vertriebsmannschaft´ ist eine heilige Kuh, die Gerstner unbedingt schlachten muss."