Kolumne

"Neuer Auftrieb für EAI"

02.08.2002
Christoph Witte Chefredakteur CW

Integrationsaufgaben verschlingen bis zu 40 Prozent der Kosten eines Softwareprojekts. Selbst wenn diese Angaben von Marktbeobachtern nur grobe Schätzungen sind, macht der Wert deutlich, wie gravierend das Problem für Anwender ist. Dabei sind die Kosten zwar gerade in Krisenzeiten ein wichtiger, aber bei weitem nicht der einzige quälende Punkt. Die Notwendigkeit, nicht nur die eigenen Anwendungen zu integrieren, sondern auch die von Zulieferern, Partnern oder Kunden einzubinden, führen zu langen Projektlaufzeiten und mitunter offenen Baustellen.

Aus Integrationserwägungen dürften deshalb etliche Best-of-Breed-Ansätze zugunsten integrierter Standardsoftware à la SAP oder Oracle aufgegeben worden sein. Doch selbst wer sich ausschließlich auf die Software eines einzigen Herstellers verlassen wollte, hat aufgrund der vielfältigen, zum Teil durch das Internet induzierten Vernetzung keine Wahl: Er steht vor heterogenen DV-Landschaften, die er heute kaum mehr mit einheitlichen "Bebauungsplänen" strukturieren kann. Letztendlich entstehen so unbeherrschbare und natürlich auch unveränderbare "Spaghetti-Architekturen" (Gartner-Jargon)

Den meisten Anwendern ist diese Schwierigkeit durchaus bewusst; das zeigen die vielen Standardisierungsbemühungen. Vielen Unternehmen fehlen aber die Mittel, um ihre Anwendungsbaustellen in großem Stil aufzuräumen. Sie mussten sich bisher damit zufrieden geben, nur die Anwendungen miteinander zu verzahnen, die unbedingt miteinander "reden" müssen. Gerade für ältere Programme mit eingeschränkten Aufgaben galt die Devise: Bloß nicht anfassen!

Doch Geldmangel ist nur ein Grund, warum sich große Integrationsprojekte in Unternehmen so schwer durchsetzen lassen. Ein weiterer liegt darin, dass diese Vorhaben sich nur insofern auf das Geschäft auswirken, als sie zwar die Arbeit der IT-Abteilungen erleichtern, dem Endanwender (auch der Business-Entscheider ist einer) aber keine neuen Funktionen anbieten. Anders verhält es sich, wenn die Integration zu neuen übergreifenden Prozessen führt; aber solche Projekte sind noch selten.

In diese Lücke stoßen nun die kürzlich angekündigten "Xapps" der SAP. Wie ihre Erfinder propagieren (siehe Seite 19), können diese komplett in Java geschriebenen Anwendungen über Applikations- und Unternehmensgrenzen hinweg Geschäftsvorgänge in einer übergreifenden Anwendung bereitstellen. Mit dem "Resource Program Management" soll noch Ende des Jahres das erste Produkt auf den Markt kommen, das sich aus den verschiedensten Backoffice-Anwendungen Informationen holt, um etwa Projektkosten zusammenhängend sichtbar zu machen.

Gesetzt den Fall, SAP ist es ernst mit dem Versprechen, dass die Xapps auch mit Applikationen anderer Hersteller funktionieren, fällt Anwendern die Entscheidung für EAI-Projekte künftig vielleicht leichter: Sie integrieren Prozesse über die Grenzen einzelner Anwendungssuiten hinaus und geben dem Endanwender im Unternehmen zusätzliche Funktionalität.