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Neuer AOL-Boss will Internet-Division wiederbeleben

17.05.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Am gestrigen Donnerstag gab Gerald Levin sein Amt als Chief Executive Officer (CEO) bei dem US-Mediengiganten AOL Time Warner an Richard Parsons ab. Dieser stellte sich auf der Aktionärsversammlung im New Yorker Stadtteil Harlem den aufgebrachten Anlegern, die sich lautstark über den niedrigen Börsenkurs des Unternehmens und die unerfüllten, hohen Erwartungen an den Mega-Merger zwischen AOL und Time Warner im vergangenen Jahr beklagten. Die Aktie des Unternehmens ist in den vergangenen zwölf Monaten von einem Hoch von rund 58 Dollar auf unter 20 Dollar gefallen. Am gestrigen Donnerstag schloss das Wertpapier bei 18,90 Dollar.

Parsons gelobte in seiner Antrittsrede, sich vor allem darum zu kümmern, AOLs Internet-Division zu revitalisieren und das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Dabei will er die bisherigen Management-Fehler direkt angehen, nannte jedoch keine genauen Pläne. "Keiner von uns Verwaltungsratsmitgliedern ist glücklich über den Aktienkurs", erklärte Parsons. "Um ehrlich zu sein: Wir sind enttäuscht." Für den stark gesunkenen Börsenkurs des Unternehmens machte der neue Top-Manager die globale Wirtschaftsflaute sowie den schwachen Anzeigenmarkt verantwortlich. "In den vergangenen 18 Monaten hat sich fast alles verändert. Das AOL-Geschäft erfuhr eine dramatische Neubewertung, die zu dem Kurseinbruch führte."

Die Aktionärsversammlung diente auch Levin als Plattform, sich zu verabschieden. Der Medienveteran war insgesamt rund 30 Jahre bei Time Warner beschäftigt, davon rund zehn Jahre als CEO. In einer emotionalen Rede sagte er: "Die Frustration, die Sie jetzt fühlen, sitzt tief und ist zudem belastet durch die Welt nach dem 11. September - eine Welt des Krieges, des Terrorismus, der Tragödien, des finanziellen Umbruchs und der religiösen Skandale." Er plädierte dafür, die Frustration nicht in Zynismus oder Verzweiflung umschlagen zu lassen und forderte die Aktionäre auf, Vertrauen in AOL Time Warner zu haben. Über seine zukünftigen Pläne äußerte sich Levin nicht konkret. Er sagte lediglich, sich künftig im Hintergrund halten zu wollen. (ka)