Uni Karlsruhe bietet Informatik-Lektionen als Telesoftware:

Neue Wege computergestützter Ausbildung

11.07.1986

KARLSRUHE (CW) - Computergestütztes Lehren und Lernen hat an der Universität in Karlsruhe eine neue Variante bekommen: die Computer-Unterstützte-Unterrichts-(CUU-) Lektion. Sie wird in der Informatikausbildung für Wirtschaftsingenieure sowie Technik- und Wirtschaftsmathematiker erprobt.

In Verbindung mit und als Ergänzung zu einer großen Verlosung mit mehr als 250 Hörern werden im Sommersemester (SS) 1986 erstmals CUU-Lektionen (Computer-Unterstützte-Unterrichts-Lektionen) eingesetzt: Im Wechsel mit einer herkömmlichen "Saalvorlesung" wird etwa die Hälfte des Vorlesungsstoffes in Form von CUU-Lektionen vermittelt, die die Studenten ihrem individuellen Verständnis und Lerntempo angepaßt im Dialog mit einem für sie reservierten Rechner durcharbeiten. Inhalt der Vorlesung ist das Gebiet "Algorithmen und Datenstrukturen".

Sie lassen sich mit dem Medium Computer und seinen spezifischen Möglichkeiten (Grafik, Farbe, Animation und Dialogfähigkeit) besser vermitteln als mit den "klassischen" statischen Unterrichtsmitteln wie Buch, Tafel, oder Overhead-Projekt. Die eher mathematischen, analytischen Teile des Vorlesungsstoffes werden dagegen wie bisher in einer traditionellen "Saalvorlesung" angeboten.

Die zum Erstellen der Lektionen erforderliche Hard- und Software wurde an der TU Graz unter Leitung von Professor H. Maurer entwickelt und zur Verfügung gestellt. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung des bereits Mitte der siebziger Jahre an der University of Illinois in den USA entwickelten Systems "Plato", das an der TU Graz an das Bildschirmtext-System und den internationalen CEPT-Standard angepaßt wurde.

Das besondere Merkmal der neuen Unterrichtslektionen nicht nur auf einem PC abgearbeitet, sondern auch in das Btx-System eingespeist werden können. Die Lektionen lassen sich dann auch als "Telesoftware" von der Btx-Zentrale abrufen und am Heimfernseher durcharbeiten. (Das, so die Universität, sei mittel- und langfristig sicher der interessanteste Aspekt des laufenden Versuchs.) Natürlich kann man einzelne Lektionen auch unmittelbar in einer Saalvorlesung einsetzen, wenn man sie über einen an einen PC angeschlossenen Großbildschirmprojektor im Hörsaal vorführt.

An der Universität Karlsruhe wurde ein CUU-Labor als "Inhouse-Btx- System" eingerichtet. Auf einem zentralen Rechner HP 9000 Serie 300, Modell 310 als Fileserver) wurde ein ebenfalls an er TU Graz entwickeltes Softwaresystem installiert, das die Bildschirmtext-Zentrale simuliert. An diesen Rechner sind gegenwärtig 13 Btx-Terminals mit Farbbildschirm angeschlossen. Der zentrale Rechner kann die Stationen gleichzeitig und unabhängig voneinander bedienen.

Der laufende Unterrichtsversuch ergänzt eine im Rahmen einer Diplomarbeit durchgeführte Begleituntersuchung: Durch eine Befragung der Teilnehmer wird die Qualität der eingesetzten Unterrichtslektionen und die Akzeptanz dieser neuen Unterrichtsform überprüft. Die Befragung und Aufzeichnung der Antworten erfolgt ebenfalls interaktiv mit Hilfe des Computers.

Befriedigende Resultate auf der DV-Messe C'86

KÖLN (CW) - Die "C'86 - Computer, Software, Electronic" (12. bis zum 15. Juni 1986) brachte den 294 beteiligten Unternehmen zufriedenstellende bis gute Resultate. Anbieter von Branchenlösungen, die nach weiteren Angaben der KölnMesse wesentlich zahlreicher vertreten waren als auf der "C'85", schnitten "überdurchschnittlich" ab. Außer für Branchen-Software wurden Direktaufträge in beachtlichem Umfang auch für Drucker und Komplettlösungen erteilt. Die Besucherzahl betrug 26 000.

Der Anteil der Fachbesucher erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr auf 67,2 (49,7) Prozent. 16,1 (zehn) Prozent aller Besucher waren Wiederverkäufer, 51,1 (40) Prozent Anwender. In der Gruppe der Anwender ergaben sich die größten Steigerungen beim Handwerk mit einem Anteil von 16,3 (5,3) Prozent und beim Einzelhandel (keine Wiederverkäufer) mit sechs (3,3) Prozent.

Informatik an der Uni - dezentral und individuell

Das in Karlsruhe eingerichtete CUU-Labor ist, so die Uni, das erste und einzige seiner Art in der Bundesrepublik Deutschland. Ähnliche Labors in Österreich und in den USA (zum Beispiel an der University of Denver) sind im Aufbau. Bemerkenswert sind vor allem die verhältnismäßig niedrigen Investitionskosten: Sie liegen bei zirka 1700 Mark pro Btx-Arbeitsplatz (für Farbmonitor und Btx-Decoder) und bei unter 40 000 Mark für de zentralen Rechner.

Ziel des Modellversuchs ist es, die Möglichkeiten dezentralen, individuellen, zeitungebundenen Lehrens und Lernens von Informatikinhalten zu erfassen. Der Versuch kann, Kommentiert die Hochschule in Karlsruhe, mittel- und langfristig völlig neue Wege für eine solide Aus- und Weiterbildung im Fach Informatik erschließen.