W3C einigt sich auf neuen Standard für URLs

Neue Web-Adressen ab 2013

01.04.2012
Das W3C hat sich in seiner jüngsten Sitzung auf ein neues Schema für URLs geeinigt. Damit wollen die Hüter der Web-Standards der steigenden Bedeutung von Social Networks Rechnung tragen.
Foto: Getty Images, Laurent Hamels

Ab 2013 gibt es neue Web-Adressen. Mit dieser Ankündigung überraschte ein W3C-Sprecher die in Genf zur W3C-Konferenz "The future of the Web" versammelten IT-Journalisten. Der Einigung waren zähe zwölfstündige Verhandlungen vorausgegangen und bis zum Schluss drohte die Neuordnung am Einspruch von Google und Amazon zu scheitern.

Die Neuregelung sieht vor, dass das http-Protokoll abgeschafft wird und eine neue Nomenklatur für Web-Adressen ab Januar 2013 eingeführt wird. Statt "http://www.computerwoche.de" würde unsere Adresse damit künftig voll ausgeschrieben wie folgt lauten "fcbk://fac.computerwoche.de". Damit, so der W3C-Sprecher weiter, soll der steigenden Bedeutung von Facebook und dem geänderten User-Verhalten Rechnung getragen werden: "Für die Surfer von heute beginnt das Internet in Facebook, deshalb ist es ein natürliche und logische Evolution, andere Seiten besser mit Facebook zu vernetzen, um dem User so ein seamless Surfen zu ermöglichen."

Die sei durch die bessere Integration in Facebook möglich, was Suchmaschinen quasi überflüssig mache und den Seitenaufruf beschleunige. Zudem sei das neue Protokoll fcbk effizienter als http, was sich vor allem beim mobilen Surfen mit Smartphone und Tablet auszahle. Für die Umstellung gewährt das W3C den Providern eine Übergangsfrist von einem Jahr. Anfang 2014 müssen dann alle DNS-Einträge in den root-Servern an das neue Adress-Schema angepasst sein.

Vom Gros der ITK-Hersteller und -Provider wurde die Neuregelung begrüßt, da sie endlich den geänderten Realitäten im Internet Rechnung trage. "Wir leben nicht mehr im World Wide Web, sondern in facebook.com", so der Vorstand eines Mobilfunkers resigniert hinter vorgehaltener Hand. Deutliche lautere Kritik kam von Amazon und Google. Beide Konzerne sehen in der Neuregelung den Verrat an der Idee eines freien, neutralen und barrierefreien Internets. Dass gerade diese beiden Unternehmen gegen das neue Schema sind verwundert nicht weiter, denn ihren Business-Modellen drohen die Fälle davonzuschwimmen.

Beifall erhielt die Entscheidung des W3C dagegen aus einer ganz ungewohnten Richtung. In Berlin begrüßte man die Neuregelung ausdrücklich. Was auf den ersten Blick seltsam anmutet, macht durchaus Sinn: Die Große Koalition wird damit einen ihrer großen Streitpunkt los - nämlich die Vorratsdatenspeicherung. "Warum soll der Staat noch Daten speichern, wenn künftig per fcbk-Protokoll alle aufgerufenen Internet-Seiten eines Bürgers in seiner timeline bei Facebook zu finden sind", erklärte Justizministerin Leutheuser-Schnarrenberger die Begeisterung der Koalition. (hi)