Invensys als heißer Tipp gehandelt

Neue Übernahmegerüchte lassen Baan-Anwender hoffen

02.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Baan steht in Übernahmeverhandlungen - diese Nachricht ließ vergangene Woche kurzzeitig den Aktienkurs des schwer angeschlagenen Softwarehauses um 90 Prozent steigen. Als mögliche Käufer werden Oracle und vor allem der britische Konzern Invensys gehandelt.

Man führe derzeit "intensive Gespräche" mit einer Vielzahl von eventuellen Käufern, gab Baan-Sprecher Peter Kramer Spekulationen neue Nahrung. An der Amsterdamer Börse sorgte die Meldung für einen Kursgewinn der Baan-Aktie um 90 Prozent oder 1,45 Euro auf 3,06 Euro. Derweil wird die Liste möglicher Interessenten am niederländischen Hersteller für Unternehmenssoftware immer länger. Dies liegt nicht nur an den Produkten, sondern auch an der Aussicht auf rund 6000 Baan-Kunden und einem Unternehmenswert, der auf erschwingliche 520 Millionen Dollar gefallen ist.

Als potenzielle Käufer werden I2 Technologies, Computer Associates, Geac Computer, ein Anbieter von Software für Enterprise Resource Planning (ERP), SAP, Groupe Bull, aber auch Partner und Großkunden wie Philips oder Boeing gehandelt. Vergangene Woche wurde nun ein weiteres Mal auch der Datenbankriese Oracle ins Spiel gebracht. So gilt insbesondere Baans Software für das Kunden-Management (CRM), die im Mai 1997 mit der Übernahme von Aurum Software ins Haus gekommen war, als ein begehrtes Filetstück des Portfolios. Allerdings waren sich Analysten über den tatsächlichen Nutzen der CRM-Produkte oder von Baans ERP-Suite für Oracle von Anfang an nicht einig, da der Hersteller an eigenen Produkten arbeitet und Integrationsprobleme zwischen den Tools absehbar wären.

Oracle und SAP brauchen Baan nicht"Ein Kauf würde weder für Oracle noch für SAP Sinn geben, weil keiner von beiden irgendetwas von dem braucht, was Baan bietet", kommentierten beispielsweise die Analysten der Gartner Group Bruce Bond und Daniel Miklovic die neuerlichen Spekulationen. Oracles President Raymond Lane hat dem Treiben in der Presse nun ein Ende gemacht und diktierte der niederländischen Tageszeitung "Het Financieele Dagblad" ins Blatt, dass der Konzern Baan nicht übernehmen werde.

Mehr Sinn gäbe hingegen für viele Marktbeobachter eine Übernahme Baans durch den britischen Konzern Invensys. Dieser ging im Februar 1999 aus dem Merger von BTR und Siebe hervor, beschäftigt über 12000 Mitarbeiter, hat eine Marktkapitalisierung von rund 14 Milliarden Dollar und macht 75 Prozent seines Geschäfts mit Produkten zur Prozessautomatisierung sowie mit Mess- und Regeltechnik. Um das bisherige Geschäftsfeld in Richtung kommerzielle Unternehmenssoftware auszudehnen, kaufte Invensys im Juni 1999 den überwiegend im Bereich der Prozessindustrie tätigen ERP-Anbieter Marcam für knapp 60 Millionen Dollar.

Durch Baan könnten die Briten ihr Angebot komplettieren und in Richtung CRM ausdehnen. Gegenüber dem "Wall Street Journal" bestätigte Invensys-Sprecher Barry Francis dann auch, dass "alle paar Wochen" das Gerücht einer Baan-Übernahme wieder aufkomme. Die Gartner-Analysten halten es jedoch ebenso für möglich, dass Invensys-Konkurrenten aus der Prozessindustrie wie ABB oder Honeywell den Zuschlag erhalten könnten. In jedem Fall sei das Risiko eines schlechteren Kundenservice gegeben.