"Neue Technologien werden langfristig unterschätzt"

22.12.2004
UMTS nährt die Hoffnung auf höhere Umsätze mit Datendiensten. Mit Rudolf Gröger, CEO von O2 Germany, sprach CW-Redakteur Peter Gruber.

CW: Letztes Jahr hat bei den deutschen Mobilfunkern die aktive Vermarktung von UMTS mit Datenkarten begonnen. Sind Sie mit dem Auftakt zufrieden?

Gröger: Wir bieten seit Frühjahr 2004 UMTS-Datenkarten für Notebooks an. Sie richten sich in erster Linie an Geschäftkunden, die mit ihrem Notebook auf das Firmennetz und das Internet zugreifen sowie E-Mails empfangen und versenden wollen. Einige Firmen nutzen UMTS bereits intensiv. Eine signifikante Zunahme der UMTS-Nutzung im Geschäfts- und Privatkundenmarkt erwarten wir heuer.

CW: Kameras sind heute in Mobiltelefonen die Regel. Wann wird UMTS in jedem Handy die Norm sein?

Gröger: Es dauert typischerweise drei bis vier Jahre, ehe sich eine Technologie am Mobilfunkmarkt durchsetzen kann. Das war so bei dem Verfahren General Packet Radio Service (GPRS), das wir seit vier Jahren anbieten und das nun in fast jedem Handy zu finden ist. Im Moment setzen sich MMS-Handys (MMS = Multimedia Messaging Service, Anm. d. Red.) durch, die mittlerweile rund 40 Prozent unserer Kunden besitzen. Bis fast jeder O2-Kunde ein UMTS-Handy besitzt, werden also noch einige Jahre vergehen. Es hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt: Neue Technologien werden kurzfristig über- und langfristig meist unterschätzt.

CW: Wird das UMTS-Geschäft entgegen früher oft anders lautenden Prognosen doch von Geschäftskunden getrieben?

Gröger: Wir haben zwei Marktsegmente: Die Laptop-Karte richtet sich heute hauptsächlich an Business-Kunden. Die UMTS-Handys kaufen je nach Ausstattung sowohl Privat- als auch Geschäftskunden.

CW: Wie teilt sich das O2-Geschäft mit mobilen Daten auf?

Gröger: Der erfolgreichste Dienst im Mobile-Data-Bereich ist nach wie vor der SMS-Service. Im letzten Quartal hatte O2 einen Zuwachs um fünf Prozent auf 556 Millionen übertragene SMS. Aber auch die Akzeptanz unseres O2 Active Portals nimmt zu. Surfen in dem Portal ähnelt immer stärker der Internet-Nutzung. Einen steigenden Beitrag zum Datenumsatz erzielen wir darüber hinaus mit Klingeltönen, MMS und Infoservices. Insgesamt konnten wir den Anteil der Datendienste am Serviceumsatz auf rund 20 Prozent steigern. Der Anteil der Kunden, die über SMS hinausgehende Datendienste einsetzen, liegt mittlerweile bei 22 Prozent.

CW: Welche mobilen Geschäftsanwendungen werden heute am stärksten nachgefragt?

Gröger: Genion, Sprach-VPNs, E-Mail, Internet und der mobile Zugang zum Firmennetz sind heute die wichtigsten Anwendungen im Business-Bereich.

CW: Welche Anwendungen kann der Geschäftskunde angesichts steigender Übertragungsraten künftig erwarten?

Gröger: Die hohen Datenraten beschleunigen den mobilen Zugang zum Internet und zum Firmennetz zunehmend. Business-Kunden können daher auch unterwegs immer mehr so arbeiten wie im Büro - ohne lange Wartezeit.

CW: O2 erwirtschaftet mit 32 Euro pro Kunde und Monat im Vergleich zu seinen Wettbewerbern einen deutlich höheren Umsatz. Trägt dazu auch schon UMTS bei?

Gröger: Dafür ist im Wesentlichen unser hoher Anteil an Postpaid-Kunden verantwortlich. Er liegt bei 58 Prozent, das ist der beste Split am deutschen Markt. Wichtig ist dieses Verhältnis, weil uns diese Vertragskunden einen etwa viermal höheren Monatumsatz als Prepaid-Kunden bringen. Auch der Datenanteil am Serviceumsatz ist bei O2 mit 20 Prozent überdurchschnittlich hoch. Dabei unterscheiden wir nicht, ob Daten per GSM, GPRS oder UMTS übertragen werden. Derzeit ist GPRS/GSM der wichtigste Übertragungsweg für Daten, in Zukunft wird es aber UMTS sein.

CW: Wann wird das UMTS-Netz von O2 weitgehend flächendeckend sein?

Gröger: Wir haben bereits heute eine vergleichsweise hohe Netzabdeckung. Durch das Roaming-Abkommen mit der Telekom können unsere Kunden sowohl unser eigenes Netz als auch das von T-Mobile nutzen. Wir werden in Zukunft aber verstärkt in den Ausbau unseres eigenen Netzes investieren und dabei über die Lizenzverpflichtungen hinausgehen. Unser Ziel ist es, unseren Kunden UMTS an immer mehr Orten anbieten zu können.

CW: Die deutschen Mobilfunkanbieter gewinnen noch immer Neukunden hinzu. Wann rechnen Sie mit einer Marktsättigung und einem stärkeren Verdrängungswettbewerb?

Gröger: Das Geschäft von O2 Germany entwickelt sich deutlich schneller als der Markt. Bezogen auf den Umsatz ist der Mobilfunksektor im letzten Jahr um acht Prozent gewachsen, bezogen auf die Kunden lag das Wachstum bei zehn Prozent. O2 hat dagegen bei den Teilnehmern um 27 Prozent zugelegt und beim Umsatz sogar um 28 Prozent. Wir wachsen also in beiden Segmenten etwa dreimal schneller als der Markt. Außerdem verzeichnet O2 eine positive Entwicklung beim Umsatz pro Kunden, den wir 2004 um rund fünf Prozent gesteigert haben, während der unserer Mitbewerber um etwa 0,3 Prozent gesunken ist. Wir befinden uns also bereits in einer intensiven Wettbewerbssituation.

CW: Sie haben den Tchibo-Konzern als zusätzlichen Vertriebskanal für Prepaid-Handys gewonnen. Wie läuft diese Kooperation, und planen Sie weitere?

Gröger: Die Kooperation ist erfolgreich. Das sieht man daran, dass eines der drei angebotenen Tchibo-Handys bereits nach kurzer Zeit ausverkauft war. Tchibo ist ein sehr guter Vertriebskanal, der unseren eigenen optimal ergänzt. Auch in Zukunft werden wir unsere Vertriebsbasis weiter ausbauen.