Probleme beim Datenfluß zwischen Workstation und Mainframe

Neue Technologien für die Datensicherung im Netz

12.10.1990

Sorgloser Umgang mit EDV-Daten kann heute schlimme Folgen haben, denn für viele Unternehmen stellen die Informationen, die in den EDV- Systemen gespeichert sind, das kostbarste Geschäftskapital dar. Ob es um Kundenadressen, offene Rechnungen, Lagerhaltung oder technische Konstruktionsdaten geht - der Verlust dieser Informationen führt häufig zu großen finanziellen Schäden, schlimmstenfalls zum Zusammenbruch der Firma.

Unabhängig davon, ob durch Hardware- oder Softwarefehler, ob durch Ausfälle in der Stromversorgung oder durch Irrtümer des Betriebspersonals und von Benutzern ausgelöst: Dateien dürfen nicht verloren gehen oder verfälscht werden.

Der Schutz dieser Informationen ist eine der Hauptaufgaben jedes Rechenzentrumsleiters. Deshalb sind regelmäßige Datensicherungs- und Archivierungsläufe Grundlage für den sicheren Betrieb der Systeme. Dies geschieht heute in den meisten Fällen immer noch nach bewährten, aber zeit- und kostenaufwendigen Methoden. Üblicherweise werden nach Betriebsschluß mittels vorbereiteter Prozeduren Backups der im Laufe des Tages neu entstandenen oder modifizierten Dateien auf Magnetbänder geschrieben, die dazu von Operateuren montiert werden müssen.

Zwei allgemeine Entwicklungen erschweren dieses eingespielte Verfahren mehr und mehr:

1. Die Menge der neu erstellten oder geänderten Dateien wächst ständig und erfordert den Einsatz von zusätzlichem Bedienungspersonal für die Bandmontage in teuren Spät- oder Nachtschichten. Abhilfe für dieses Problem bringt die Verwendung von automatisierten Speichergeräten, zum Beispiel von Datensilos mit Roboterzugriff für Magnetbandkassetten oder Jukebox-Libraries mit Kassettentapes beziehungsweise optischen Platten.

2. Die Dezentralisierung des Rechenbetriebes durch die Installation von Arbeitsplatzrechnern in den verschiedenen Abteilungen eines Unternehmens entzieht einen wachsenden Anteil der in einer Organisation verwendeten Daten dem zentralen Sicherungsprozeß. Die Datensicherung wird Aufgabe des Workstation Benutzers und nimmt häufig nur eine niedrige Priorität im Rahmen der übrigen von ihm zu erfüllenden Aufgaben ein; der Sicherungsprozeß wird von Zufälligkeiten abhängig. Im Notfall sind dann oftmals die dringend benötigten Dateien nicht mehr verfügbar oder nicht mehr auffindbar.

Keine automatische Datensicherung möglich

Es gibt verschiedene Ansätze zur Lösung des Problems der Datenhaltung auf Workstations. Eine Lösung setzt auf tief gestaffelte Speicherhierarchien unter Verwendung von optischen Platten und/oder Magnetbandsilos verschiedenster Technologien. Dabei erzielt das implizierte Abwandern der Daten von den Workstations auf die besser verwalteten zentralen Speichermedien die Sicherung. Vorteil dieses Verfahrens ist die virtuell unbegrenzte Speicherkapazität, die dem Anwender online zur Verfügung steht.

Die nach diesem Konzept arbeitenden sogenannten "File Archive Management Systems" sorgen innerhalb eines Netzwerkes für eine effiziente Verteilung der Dateien auf die verschiedenen Speicherhierarchien. Sie können aber ohne teilweise erheblichen Zusatzaufwand nicht garantieren, daß wirklich von jeder gewünschten

Datei eine Sicherungskopie erstellt wird. Anbieter sind hier beispielsweise Mesa Archival Systems mit dem "Data Library System", Discos/General Atomic mit "Datatree/Ultranet" und "Unitree", Sterling Software mit "DMS/OS" (Data Storage Management System), IBM mit "Dfhsm" (Data Facility Hierarchical Storage Mananger) und Control Data mit "Cyber Storage Server".

Ähnliche Konzepte verfolgen beispielsweise Zetaco mit "Netstor Archivist", Unitech Software mit "Backup.unet", Epoch Systems mit "Epoch-l Infinite Storage Server" und American Digital Systems mit "Master Disk/Data-Library". Eine vollautomatische Durchführung des Backups ist jedoch mit diesen Systemen nicht möglich; jedes System benötigt detaillierte Anweisungen von einem Operateur.

Die Lösung heißt zentrale Archivierung

Ein anderer Ansatz verfolgt die explizite Datensicherung und Datenarchivierung auf zentralen Speichermedien. Vorteil dieses Verfahrens ist die 100prozentige Garantie, daß die Sicherung oder Archivierung wirklich durchgeführt wird.

Diese zentrale Durchführung wird möglich durch die zunehmende Vernetzung der Workstations untereinander und mit Mainframe- beziehungsweise Serversystemen. Kernpunkt ist ein zentrales Serversystem, das über Ethernet automatisch eine Datensicherung für die angekoppelten Arbeitsplatzrechner ) durchführt.

Dabei ist zu bedenken, daß neben der eigentlichen Datensicherung auch die Verwaltung der gesicherten Daten und eine komfortable Benutzerschnittstelle für das Zurückladen verlorengegangener Dateien benötigt werden.

Control Data will mit "Awbus" (Automated Workstation

Backup System) eine Lösung der geschilderten Problematik anbieten: Awbus besteht aus einem oder mehreren parallel arbeitenden Unix-Systemen vom Typ Cyber 920 oder CDC 4000, zu denen ein Jukebox-Karussell mit 54 Magnetbandkassetten (8 mm helical scan, 2,3 GB pro Kassette = 125 GB pro Karussel) gehört. Jedes System kann mit zwei Kassettenlese- und -schreibstationen und mit zwei Ethernet-Anschlüssen ausgerüstet werden und Backups mit einer Rate von über 400 KB/s Dauerleistung durchführen (das heißt etwa 1,5 GB/h). Die Kommunikation mit den Workstations erfolgt mittels Standard TCP/IP-Protokoll.

Ein Awbus-System bewältigt damit die automatische Sicherung und die eventuell notwendige Wiederherstellung des Datenbestandes sowie die Verwaltung des Archivs für über hundert Workstations im Netz. Bei größeren Netzwerken können weitere Server und Jukebox-Archive angeschlossen werden, welche softwareseitig alle unter gemeinsamen Verwaltung mit einheitlichen Benutzerschnittstellen laufen. Das System hat entsprechend den verschiedenen Aufgaben der Benutzer zwei Benutzerschnittstellen. Eine menügesteuerte Schnittslelle ermöglicht es dem System-Administrator, Zeitpunkt, Häufigkeit, Umfang und Art der für

jeden Arbeitsplatzrechner durchzuführenden Datensicherung festzulegen. Das Backup wird dann entsprechend diesen Vorgaben automatisch regelmäßig (zum Beispiel abends ab 22 Uhr) ausgeführt. Bei Anschluß weiterer Workstations, bei Änderungen im Dateien- oder Benutzerprofil einer Workstation kann der Backup-Prozeß ebenso angepaßt werden. Dem Anwender an der Workstation steht ein Menü für das bequeme Zurückladen verlorengegangener Dateien zur Verfügung. Es bietet ihm die Möglichkeit, entweder den Namen der gewünschten Datei einzugeben oder ihn aus einer Liste von Dateinamen "herauszupicken". Diese Liste kann mittels einfacher Suchkriterien wie beispielsweise Erstellungs- oder Modifikationsdatum eingeschränkt werden. Das Zurückladen erfolgt dann automatisch. Beim Positionieren auf die zurückzuladenden Dateien arbeiten die Lesestationen in einem schnellen Suchmodus, so daß jede Datei minutenschnell zur Verfügung steht. Das Awbus-System entspricht nach Control-Data-Angaben einer strikten Client-Server-Architektur, wobei die auf dem Client benötigte Software so portabel wie möglich implementiert ist. Für die Implementierung sind auf der Workstation lediglich Ethernet oder Ethernet Gateway mit TCP/IP, C-Sockets und RSH erforderlich.

Client-Implementierungen sind unter anderem bereits für Cyber 910-, SUN-, Silicon-Graphics-, Apollo- und Hewlett Packard-Systeme verfügbar. In Vorbereitung befinden sich Implementierungen für die Cyber Mainframes von Control Data und für Cray-Unicos-Systeme.

*Dipl.-Phys. Wolfgang Nährig ist Analytiker bei der Control Data GmbH, Frankfurt/Main