Neue Europäische Artikelnummer mit Konsequenzen für die EDV

Neue Rationalisierungs-Chancen mit EAN

24.09.1976

Im Jahre 1974 gründete sich auf Initiative verschiedener Wirtschaftsorganisationen und der EG-Kommission ein ADHOC Council, in dem sich Delegierte aus zwölf europäischen Ländern das Ziel setzten, eine europäische Artikelnumerierung als Grundlage der Herstellerauszeichnung für das automatische Kassieren zu erarbeiten.

Voraussetzung für Rationalisierung

Anlaß zur Bildung der europäischen Artikelnummer waren handfeste wirtschaftliche Interessen. Die Rationalisierung der Kassenstellen in Supermärkten, Warenhäusern und Verbrauchermärkten durch den technischen Fortschritt schreitet unaufhaltsam voran. Die Elektronik ersetzt die Mechanik, der Computer ist an jeder Ladenkasse präsent. Bei neuen Kassensystemen ist es nicht mehr notwendig, den Preis des Artikels in die Ladenkasse einzutippen. Die Eingabe erfolgt vielmehr über ein optisches Lesesystem, das bestimmte Informationen, die in maschinenlesbarer Form auf den Artikeln aufgedruckt oder als Etikett aufgeklebt sind, "liest" und an die Kasse oder den Computer weitergibt.

Auszeichnung durch den Hersteller

Grundlage einer solchen Herstellerauszeichnung ist eine bundeseinheitliche Artikelnumerierung. Keinem Industriebetrieb ist es in unserem Wirtschaftssystem gestattet, einen bundeseinheitlichen Einzelhandelsverkaufspreis auf seine Ladenpackungen zu drucken. Will man deshalb die Auszeichnung eines Artikels auf die Herstellerseite verlagern, bei der ohnehin das Verpackungsmaterial bedruckt wird, kann man sich nur einer von allen Partnern anerkannten überbetrieblichen Artikelnummer als Artikel-Ident bedienen und es im übrigen dem Computer überlassen, sich den zugehörigen Preis aus der Preis-Datei zu suchen und auf die Kassenzettel zu drucken. Dies kann er schneller und sicherer als jedes Kassenpersonal.

Esperanto für die Identifikation

Eine solche bundeseinheitliche Artikelnumerierung (ban) wurde für das Lebensmittelsortiment bereits im Jahre 1969 in Deutschland eingeführt. Damals ging es noch nicht um das automatische Kassieren, sondern um eine Rationalisierung des Informationsaustausches schlechthin. ban beispielsweise auf den Rechnungen und Lieferscheinen der Industrie, auf den Umkartons und auf den maschinellen Datenträgern sollte die Arbeit im Handel erleichtern und dafür sorgen, daß in den Handelsgruppen die Sortimentsstruktur transparent gestaltet wurde. Mit fortschreitendem Einsatz elektronischer Organisationsmittel gewann diese bundeseinheitliche Artikelnummer immer mehr an Bedeutung. Sie wurde das Esperanto der Artikelidentifikation bei Industrie und Handel.

Ein europäischer Kompromiß

Inzwischen haben sich die Verantwortlichen für das ban-System entschlossen, dieses System in seiner inneren Struktur zu verändern und den ausländischen Systemen anzupassen. Der schnell zunehmende internationale Datenverbund ließ nämlich gerade für die POS-Systeme eine Harmonisierung der verschiedenen nationalen Artikelnummernsysteme geraten erscheinen . Damit wurde die deutsche Nummer automatisch ein Baustein für die europäische Artikelnummer (EAN), für deren Zustandekommen bestimmte Kompromisse hinsichtlich Stellenzahl, Länderkennzeichen und Prüfziffernberechnung eingegangen werden mußten:

1. Jeder Artikelnummer, die eine Rolle im grenzüberschreitenden Verkehr spielen könnte, muß in Zukunft ein zweistelliges Länderkennzeichen vorangestellt werden.

Dies gilt praktisch für alle bereits vom Hersteller ausgezeichneten Artikel. Damit ist dieses Länderkennzeichen zum festen Bestandteil der europäischen und der deutschen Artikelnumerierung geworden. In Deutschland werden alle Artikelnummern der ersten 100 000 Hersteller mit dem Kennzeichen "40" beginnen.

2. Zur Darstellung des nationalen Codes kann eine maximal 1ostellige Ziffernfolge herangezogen werden. Bezüglich der Struktur dieses Codes werden sich die meisten Länder - so auch die Bundesrepublik Deutschland - in Zukunft auf eine fixe Länge festlegen und den Artikel in einer Kombination Herstellernummer und individueller Zählnummer identifizieren.

3. Die Prüfziffer basiert wie bei dem alten ban-L-System auf Modul 10, hat aber leider nur eine Zweiergewichtung, die nicht in der Lage ist, die sogenannten Doppeldrehfehler aufzudecken. Es war aber notwendig, dieses Prüfziffernsystem der Amerikaner zu übernehmen, um das europäische System mit den amerikanischen Universal Product Code (UPC) verträglich zu gestalten. Andererseits kann festgestellt werden, daß es bei dieser Prüfziffer ohnehin weniger auf die Absicherung der manuellen Eingaben ankommt ("eine dreizehnstellige Nummer kann man nicht mehr eintippen..."), als auf die Absicherung des maschinellen Leseprozesses im jeweiligen Lesesystem.

Neue Betriebsnummern, alte Artikelnummer

Basis der neuen EAN in der Bundesrepublik Deutschland wird ein umfassendes Betriebsnummernsystem für alle Stufen der am Wirtschaftsprozeß beteiligten Betriebe sein, also für die Industrie, den Großhandel und den Einzelhandel. Diese neue bbn dient der Regelung des Geschäftsverkehrs zwischen der Industrie und der ersten Handelsstufe. Sie soll alle bisherigen individuellen Kunden- und Lieferantennummernsysteme ersetzen. Darüber hinaus bildet sie die Basis der neuen bundeseinheitlichen und europäischen Artikelnumerierung. In der von den nationalen Organisationen festzulegenden 1ostelligen Ziffernfolge soll in Zukunft der Einzelartikel durch die Kombination der bbn mit einer vom Industriebetrieb selbst festzulegenden Artikelnummer auf überbetrieblicher Ebene identifiziert sein. Zu dieser Artikelnummer kann der Industriebetrieb seine eigene Artikelnummer benutzen, wenn diese nicht mehr als fünf Stellen lang ist. Andernfalls hat er selbst eine neue Zählnummer zu konstruieren.

CCG als nationales Codierungsbüro

Im übrigen obliegt die Struktur der nationalen Artikelnummernsysteme, ihrer Einrichtung und Verwaltung der Zuständigkeit der nationalen Codierungsbüros. Für den Wirtschaftsraum der Bundesrepublik Deutschland ist die Centrale für Coorganisation (CCG), Köln, die Nachfolgegesellschaft des ehemaligen ban-L-Zentrums als alleinige Zentralstelle zur Vergabe der europäischen Artikel-, bzw. Betriebsnummern berechtigt und in der Lage. Träger der CCG sind zu je 50% der Markenverband e.V. (für die Industrie) und die Rationalisierungs-Gesellschaft des Handels mbH (für den Handel).

* Dipl.-Kaufmann Karlheinz Hagen ist Geschäftsführer der Centrale für Coorganisation in Köln.